Engpässe im Mittelstand lassen laut KfW kaum nach
Reuters Berlin
Trotz der abklingenden Coronakrise in Europa leidet der deutsche Mittelstand unter Lieferkettenproblemen und großer Unsicherheit wegen des Ukraine-Krieges. Zwar ist der Anteil der von Materialknappheit betroffenen Firmen laut der Förderbank KfW von 48% im September auf 42% im März gesunken. Dies sei jedoch allein auf den Dienstleistungssektor zurückzuführen, der weit weniger stark von Vorleistungen abhänge als andere Wirtschaftszweige. Im verarbeitenden Gewerbe und im Bau liegt der Anteil der von Engpässen betroffenen Mittelständler weiterhin bei 78%. Im Groß- und Einzelhandel ist er seit dem Herbst sogar um 5 Prozentpunkte auf 68% gestiegen.
Laut KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib spielt dabei offensichtlich eine große Rolle, dass es im globalen Warenhandel durch die Lockdowns in China im Zuge der Null-Covid-Strategie zu logistischen Problemen in Häfen und bei Transportunternehmen kommt – ausgerechnet in einer Zeit, in der die Nachfrage anzieht: „Dies führt auch dazu, dass die Lieferketten unter Stress sind“, so die Ökonomin.
Die direkten wirtschaftlichen Verflechtungen mit Russland und auch mit der Ukraine im deutschen Mittelstand seien zwar relativ gering. „Man muss aber auch berücksichtigen, dass über allen Entwicklungen momentan das Damoklesschwert eines Gasembargos oder eines Gaslieferstopps hängt“, sagte Köhler-Geib. Die Stimmung im Mittelstand und auch in den Großunternehmen leide unter enormer Unsicherheit, wie sich der Ukraine-Krieg und die westlichen Sanktionen letztlich auf die Wirtschaft auswirkten.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sieht die deutschen Unternehmen belastet durch die hohen Energiepreise im Zuge des Krieges in einer Art „Stakkato“-Phase. Es fehlten Fachkräfte, und die Lieferketten funktionierten nicht mehr richtig. „Das heißt, es läuft nicht mehr glatt durch, sondern es gibt immer wieder Rohstoffe, dann wird produziert, dann wird abgebrochen“, sagte der Grünen-Politiker in Berlin nach Beratungen mit mehr als 40 Mittelstandsverbänden, unter anderem aus den Bereichen Handwerk, Logistik und Energie. Die Bundesregierung hatte zuletzt bereits Hilfen für stark betroffene Unternehmen angekündigt.