Eon & Co drohen mit Klage

Berlin will Fluchtwege aus der Atomhaftung der vier AKW-Betreiber versperren

Eon & Co drohen mit Klage

Mit einem neuen Gesetz will Berlin verhindern, dass sich die vier Atomkraftwerksbetreiber Eon, RWE, Vattenfall und EnBW um ihre milliardenschweren Pflichten beim AKW-Abriss und der Endlagerung des strahlenden Atommülls drücken können.ge Berlin – Die Bundesregierung will mit einem neuen “Rückbau- und Entsorgungskostennachhaftungsgesetz” sicherstellen, dass sich die vier Atomkraftwerksbetreiber Eon, RWE, Vattenfall und EnBW nicht um ihre im Atomgesetz festgeschriebenen Aufgaben samt den damit verbundenen milliardenschweren Aufwendungen drücken können. Entsprechende Befürchtungen waren Ende vergangenen Jahres aufgetaucht, als Eon verkündet hatte, sich aufteilen zu wollen. Neben der künftigen Eon mit ihrem Grünstromgeschäft soll eine Kraftwerksgesellschaft “Uniper” installiert werden, in die die Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke ausgegliedert werden. Beobachter befürchten, dass diese die wirtschaftlich schwachen Aktivitäten bündelnde Gesellschaft irgendwann zusammenbricht – ohne dass Eon dann noch für die Folgen haftbar wäre. Den teuren AKW-Abriss und die langlaufenden Entsorgungskosten müsste dann der Staat tragen.Um dies unmöglich zu machen, nimmt der Referentenentwurf die bestehenden vier Konzerne in Haftung – “konserviert” also, wie die Beamten des Bundeswirtschaftsministeriums schreiben, die derzeitige Haftungssituation. Ausgehend von der Erkenntnis, dass die aktuelle Rechtslage nur begrenzten Schutz für den Fall der Verkleinerung des Haftungsvermögens bietet, schreibt das neue Gesetz eine Konzernnachhaftung fest, mit der das gesamte Konzernvermögen als Haftungsmasse gesichert werden sollen. Eine heute noch mögliche “befreiende Wirkung” für die Konzernmutter nach einer Insolvenz einer AKW-Betreiberfirma wird somit ausgeschlossen. “Die finanziellen Interessen des Staates sind damit so lange gewahrt, wie der jeweilige Konzern nicht insgesamt insolvent wird”, heißt es im gestern veröffentlichten Referentenentwurf, der nach Abschluss der Länder- und Verbändeanhörung noch im Herbst vom Kabinett beschlossen werden soll.Darüber hinaus heißt es in dem Gesetzentwurf, “dass die einmal aufgrund der potenziellen Beherrschung begründete Haftung” auch nicht nachträglich im Wege einer “gewillkürten” Rechtsnachfolge auf ein anderes Unternehmen übertragen werden könne. Die vier AKW-Betreiber bleiben also nach Inkrafttreten des Gesetzes für den Abriss und die Entsorgung ihrer Atomkraftwerken in der Gesamthaftung – egal ob Teile abgespalten, verkauft oder insolvent werden.Alternativen für diesen Gesetzentwurf sieht das Ministerium “keine”. Für die Wirtschaft entstehe dadurch auch kein zusätzlicher “Erfüllungsaufwand”, seien doch lediglich bestehende Aufgaben zu erfüllen. Für den Abriss der AKW und die Lagerung des noch Tausende Jahre strahlenden Mülls haben die vier Konzerne knapp 38 Mrd. Euro als Rückstellungen angesammelt. Bei Eon rief das Vorhaben scharfe Kritik hervor: Der Entwurf “dürfte einer verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht standhalten”. Das gelte insbesondere für die vorgesehene zeitlich und betragsmäßig unbegrenzte Haftung. Sollte er in dieser Form verabschiedet werden, müsste Eon aller Voraussicht nach Rechtsmittel einlegen. Auch RWE will dies prüfen.—– Wertberichtigt Seite 8