Europäischer Rechnungshof

Erneut hohe Fehlerquote bei Auszahlungen aus EU-Haushalt

Nach Einschätzung des Europäischen Rechnungshofes waren auch 2020 die Auszahlungen aus dem EU-Haushalt mit zu vielen Fehlern verbunden. Die Prüfer fordern eine stärkere Solidität, weil sich die verfügbaren EU-Mittel wegen des Wiederaufbaufonds in den nächsten Jahren deutlich erhöhen.

Erneut hohe Fehlerquote bei Auszahlungen aus EU-Haushalt

ahe Brüssel

Die Auszahlungen aus dem EU-Haushalt waren auch 2020 wieder mit zu vielen Fehlern verbunden. Zu diesem Urteil kommt der Europäische Rechnungshof in seinem Jahresbericht. Die Behörde gab daher zum zweiten Mal in Folge ein negatives, sogenanntes „versagtes Prüfungsurteil“ ab. Nicht beanstandet wurden die Rechnungsführung der EU-Kommission sowie die Einnahmeseite des Budgets.

Bei den Ausgaben ermittelten die Prüfer allerdings eine Fehlerquote von 2,7%. Das Ausmaß der Unregelmäßigkeiten lag damit auf dem Niveau des Vorjahres. Als unwesentlich stuft der Rechnungshof lediglich eine Quote von bis zu 2,0% ein. 2020 galten laut Bericht mehr als die Hälfte der geprüften Ausgaben (59%) als mit einem hohen Risiko verbunden, was über dem Wert des Vorjahres (53%) lag. Die Fehlerquote bei diesen Auszahlungen – zum Beispiel bei Strukturfondsmitteln – lag deutlich über dem Durchschnitt. Hier sind meist auch die Vorschriften und Förderkriterien sehr komplex.

London hat hohe Schulden

„Angesichts der großen Herausforderungen, vor denen wir stehen, müssen wir die finanzielle Solidität der EU noch stärker im Auge behalten“, forderte Rechnungshof-Präsident Klaus-Heiner Lehne bei der Vorstellung des Berichts. Er verwies dabei vor allem darauf, dass 2021 bis 2027 fast doppelt so viele EU-Mittel wie in der letzten Haushaltsperiode ausgeschüttet werden. Zusammen mit dem Wiederaufbaufonds sind Zahlungen von gut 1,8 Bill. Euro geplant. Hier sei eine gute Kontrolle notwendig, sagte Lehne. Durch das im Zuge der Corona-Pandemie geschaffene Instrument zur Förderung von Kurzarbeitergeld (Sure) habe sich zudem die Risikoexposition des EU-Haushalts erhöht.

Im vergangenen Jahr summierten sich die Ausgaben aus dem EU-Budget auf 173,3 Mrd. Euro, was 1,1% des gesamten Bruttonationaleinkommens der EU-Staaten und Großbritanniens entsprach, das noch bis zum 31. Januar 2020 Mitglied war. Die Prüfer stellen fest, dass Großbritannien bei der EU am 31. Dezember 2020 noch mit 47,5 Mrd. Euro in der Kreide stand. Diese Summe ist das Vereinigte Königreich der EU noch auf der Grundlage der im Austrittsabkommen festgelegten gegenseitigen Verpflichtungen schuldig.

Lehne verwies darauf, dass bis Ende 2020 lediglich 55% der gesamten für den Zeitraum 2014 bis 2020 vorgesehenen EU-Mittel auch schon ausgezahlt wurden. Das Volumen der „noch abzuwickelnden Mittelbindungen“ sei auf 303 Mrd. Euro aufgebläht worden, was fast zwei Jahreshaushalten der EU entspreche. Dabei gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten: Während Finnland Ende letzten Jahres 79% seiner gesamten Mittel auch abgerufen hatte, waren es in Italien, Kroatien und Spanien nur rund 45%. Die EU-Staaten haben immer drei Jahre Zeit, von Brüssel gebilligte Mittel auch auszugeben. Die EU-Kommission hatte zuletzt vergeblich versucht, diese Frist auf zwei Jahre zu verkürzen.

Der Rechnungshof entdeckte bei seiner Prüfung lediglich sechs Fälle eines möglichen Betrugs, die an das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) weitergeleitet wurden. Dies waren noch weniger als die neun Fälle im Vorjahr.

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