Preisvergleich

Es geht immer nur ums Essen

Ökonomen sind sehr kreativ, wenn es darum geht, Inflation zu messen oder Kaufkraft zu vergleichen. Die anschaulichsten Beispiele kommen immer aus dem Lebensmittelbereich.

Es geht immer nur ums Essen

Von Alexandra Baude, Frankfurt

Ökonomen sind eine sehr kreative Zunft. Und nein, damit ist nicht die Vorgehensweise bei den Konjunkturprognosen gemeint. Geht es aber darum, Preise, Kaufkraft oder die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland bzw. zwischen Stadt und Land greifbar zu machen, dann kann es schon mal fantasievoll zugehen. Erst recht, wenn auch die Jahreszeiten mit einbezogen werden.

Jüngstes Beispiel sind da die Ökonomen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Sie haben untersucht, wie viel die Deutschen jeweils für Kartoffelsalat mit Würstchen im örtlichen Rewe-Supermarkt hinblättern. Neben Gänsebraten, Entenbraten und Raclette stehe dieses Gericht nämlich in rund einem Drittel der Haushalte an Heiligabend auf dem Tisch. Bei den Researchern der DZBank allerdings nur in 16% der Fälle, wie deren „weihnachtlich private Analyse“ unter Kollegen ergab. Die Beliebtheit des einfachen Ge­richts führt das IW übrigens darauf zurück, dass es einfach zuzubereiten und erschwinglich ist. Allerdings muss der vierköpfige Musterhaushalt in manchen Kreisen Deutschlands fast 25% mehr zahlen als in anderen – obwohl dieselben Produkte und Mengen verwendet werden.

Am günstigsten sind die Zutaten für die selbst zu machende Mayonnaise-Gurke-Variante des Erdapfelsalats sowie die Bockwurst im Altenburger Land, in Stendal und in Magdeburg mit 5,05 Euro, am teuersten im Bodenseekreis mit 6,24 Euro. Der Blick auf die Details fällt wenig überraschend aus: In den neuen Bundesländern und in einigen ländlichen Regionen ist es besonders günstig. Das liegt an der Kaufkraft der Kunden – im Schnitt verdienen die Menschen im Osten noch immer weniger als im Rest der Republik –, aber auch die Ladenmieten sind im Osten deutlich günstiger als im Westen. Daher ist es in Innenstädten auch teurer als außerhalb.

Der Klassiker in Sachen Kaufkraftvergleich ist der Big-Mac-Index des „Economist“. Seit 1986 macht er Lebenshaltungskosten und Preisniveau in verschiedenen Ländern vergleichbar. Der Charme besteht darin, dass das in zwei Brötchenhälften eingeklemmte Fleischstück weltweit standardisiert ist. Im Januar 2021 mussten die Schweizer am tiefsten in die Tasche langen – mit 7,29 Dollar. Am günstigsten kam man im Libanon mit 1,77 Dollar weg.

Forscher der Universität Hohenheim gingen 2020 mit ihrem Chili-con-Carne-Index der Frage nach, inwieweit die Inflationsmessung des Statistischen Bundesamts in Coronazeiten noch realistisch ist. Denn vieles aus dem Warenkorb der Wiesbadener Statistiker konnte wegen der Restriktionen gar nicht oder nur eingeschränkt erworben werden. Als Namensgeber des Barometers wurde das bei Studenten beliebte Gericht gewählt, da es leicht nachzukochen ist, – wobei es sogar 70, allerdings nicht näher spezifizierte Zutaten sind, die „Verwendung finden können“. Von Beginn der Coronakrise im Februar bis Mitte April 2020 stiegen die Preise um 6%. In der zweiten Erhebung im Mai waren es ebenfalls von Februar aus gemessen 7,5%, im August dank der temporär gesenkten Mehrwertsteuer 3%.

Eine saisonale Inflationsmessung unternimmt die Unicredit mittels des traditionellen Wiesn Visitor Price Index (WVPI). Zwei Maß Bier, ein halbes Hendl und eine Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr liegen im betrachteten Warenkorb. Da das Oktoberfest allerdings 2020 und 2021 coronabedingt abgesagt wurde, hilft hier alle Kreativität nichts.