EU-Finanzminister schlagen Alarm

US-Steuerreform kann "Hauptschlagader des Welthandels" treffen - Aufruf zur Vertragstreue

EU-Finanzminister schlagen Alarm

Die Pläne der USA zur Reform der Unternehmenssteuer alarmieren die großen europäischen Wirtschaftsnationen. In einem Brandbrief an die US-Regierung mahnen sie Vertragstreue an und warnen vor Turbulenzen.wf/det Berlin/Washington – In einer konzertierten Aktion rufen die Finanzminister von fünf Wirtschaftsnationen Europas die USA auf, in Steuerfragen ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen. Die Pläne zu Reform der Unternehmensbesteuerung in den USA könnten zu Störungen im Handel und bei grenzüberschreitenden Investitionen führen sowie international abgestimmte Besteuerungsprinzipien in Frage stellen. Dies schreiben der geschäftsführende deutsche Finanzminister, Peter Altmaier (CDU), sowie seine Amtskollegen aus Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien in einem dreiseitigen Brief an ihren Counterpart in der US-Treasury, Steve Mnuchin.”Wir sind zuversichtlich, dass Sie einen klugen und ausbalancierten Kompromiss bei der Aufgabe finden werden, ein modernes und widerstandsfähiges US-Steuerrecht zu schaffen”, schreiben die Finanzminister. Stein des Anstoßes sind die Pläne der USA, grenzüberschreitend tätige Unternehmen steuerlich stärker zu belasten. Die trifft besonders auch europäische Firmen, die in den USA tätig sind. Die von US-Präsident Donald Trump initiierte Steuerreform hatte vor etwas mehr als einer Woche den Senat knapp passiert, nachdem zuvor bereits das Repräsentantenhaus zugestimmt hatte. Beide Kammern des US-Kongresses haben unterschiedliche Entwürfe vorgelegt, die noch aufeinander abgestimmt werden müssen. Die deutsche Wirtschaft hatte die Pläne als klar protektionistisch kritisiert.Im Entwurf des Repräsentantenhauses ist eine indirekte Steuer (excise tax) von 20 % für Zahlungen an Unternehmen im Ausland vorgesehen. Würde diese Belastung als eine Art Importsteuer auf die Einfuhr ausländischer Waren und Dienstleistungen fällig, sehen die europäischen Minister darin das Diskriminierungsverbot der Welthandelsorganisation WTO verletzt. Zudem stehe dies Doppelbesteuerungsabkommen entgegen. Rund die Hälfte des transatlantischen Handels laufe innerhalb von Firmen, schreiben die Minister. Eine “Hauptschlagader des Welthandels” wäre getroffen. Den Ministern zufolge würde nach dem Entwurf des Senats unter anderem Provisionen im internationalen Finanzsektor belastet. Dies könne für das internationale Geschäft von Banken und Versicherern “extrem schädlich” sein. Der Senat will mit seinen Plänen Steuergestaltung verhindern. Die Europäer verweisen auf die internationalen Verhandlungen, die in der OECD koordiniert werden.Trotz anhaltender Skepsis gegenüber der US-Handelspolitik wollen deutsche Unternehmen ihre Investitionen in den USA eher noch verstärken und die eigene Marktpräsenz weiter ausbauen. Laut jüngstem “German American Business Outlook” der deutsch-amerikanischen Außenhandelskammer in New York rechnen sämtliche der befragten Unternehmen in den USA mit einer Zunahme ihrer Geschäftstätigkeit. Wichtig sind den Firmen offene Märkte. Diese seien unverzichtbare Voraussetzung für intakte Lieferketten sowie zur optimalen Nutzung der digitalen Infrastruktur, welche die USA bereitstellten.