EU-Firmen in China skeptisch zu Abkommen

Kammerpräsident Wuttke sieht beim Thema Investitionen noch große Defizite vor Gipfelgespräch

EU-Firmen in China skeptisch zu Abkommen

nh Schanghai – Im unmittelbaren Vorfeld des für Montag geplanten EU-China-Gipfels zeigt sich die Interessenvertretung europäischer Firmen in China eher skeptisch, dass die Verhandlungen über fairere Wettbewerbsbedingungen entscheidend vorankommen werden. Wie der Präsident der European Chamber of Commerce in China, Jörg Wuttke, in Peking erklärte, muss China noch einen großen Sprung nach vorn machen, damit es zu einer Einigung auf ein umfassendes Investitionsabkommen zwischen China und den EU-Staaten kommen kann.Das sechs Jahre lang verhandelte Abkommen, von dem sich europäische Firmen verbesserte Investitionsschutzregeln beim Auftritt in China versprechen, ist in den letzten Monaten von Verwerfungen der Corona-Pandemie wie auch einer Reihe von politischen Brennpunktthemen zu einem wackligen Unterfangen geworden. Dazu zählen die ausufernden Streitigkeiten zwischen China und den USA, das chinesische Sicherheitsgesetz für Hongkong, mit dem der Autonomiestatus der Sonderverwaltungszone unterlaufen wird, der diplomatische Status von Taiwan sowie das Reizthema vermuteter gravierender Menschenrechtsverletzungen in der chinesischen Provinz Xinjiang. “Verschlossenes” LandNach wie vor allerdings gilt die Zielvorgabe, die Verhandlungen noch im Rahmen der bis Ende 2020 laufenden EU-Ratspräsidentschaft abzuschließen. Am Montag werden Bundeskanzlerin Angela Merkel, der EU-Ratspräsident Charles Michel und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Rahmen einer Videokonferenz mit Chinas Staatspräsident Xi Jinping das Gipfelgespräch bestreiten. Während es China angesichts wachsender Streitigkeiten mit einer ganzen Reihe von Ländern vor allem darum geht, seitens des EU-Blocks als strategischer Partner und nicht als systemischer Rivale angesehen zu werden, fordert die EU-Seite nachhaltigere Zusagen für chinesische Marktöffnungsschritte und verbesserte Wettbewerbsbedingungen der ausländischen Investoren vor Ort.Die europäische Seite hat sehr deutlich gemacht, dass es China nicht in der Mitte treffen könne, betonte Wuttke am Donnerstag bei der Vorstellung des jährlichen Positionspapiers der Handelskammer. Während in Europa bereits faire Wettbewerbsbedingungen für heimische wie auch chinesische Firmen gälten, sei man in China davon noch weit entfernt. “Wir sind eine offene Marktwirtschaft, aber China ist verschlossen.” Deshalb sei es an Peking, die Lücke zu schließen.Auch wenn sich vor dem Hintergrund der Spannungen mit den USA gegenwärtig eine Art Charmeoffensive der chinesischen Regierung gegenüber der EU manifestiert, zeigt sich die EU-Handelskammer in China wenig zuversichtlich, dass ein wirklich umfassendes Investitionsabkommen abgeschlossen werden kann, mit dem die Belange der EU-Firmen in China befriedigt werde können. Dabei sieht Wuttke noch eine ziemlich große Kluft: “Wenn es kein robustes und umfassendes Investitionsabkommen ist, dann haben wir besser keins.” Gleichzeitig befürchtet er, dass sich das Zeitfenster für eine Investitionsvereinbarung mit China zu schließen droht. Man müsse noch in diesem Jahr zu einem Ergebnis kommen. Vor dem Hintergrund wachsender politischer Differenzen zwischen China und den USA dürfte eine Einigung sonst immer schwieriger werden.Im neuen Positionspapier vertritt die EU-Kammer die Auffassung, dass die chinesische Wirtschaft von einer nachhaltigen Reform- und Öffnungsoffensive und einer damit verbundenen Anregung ausländischer Investitionen wesentlich profitieren würde. Die Technologie und Expertise der in China investierten europäischen Firmen gebe einen wesentlichen Katalysator ab, um Chinas enormes weiteres Wirtschaftsentwicklungspotenzial besser auszuschöpfen zu können.