WIRTSCHAFT IM BANN DES CORONAVIRUS

EU kämpft gegen Virusschäden

Einreisestopp gebilligt - Eurogruppe verspricht Schutz und EIB weitere 40 Mrd. Euro - Debatte über ESM

EU kämpft gegen Virusschäden

Die EU macht Tempo beim Kampf gegen die Coronakrise. Die EU-Kommission legt neue Beihilferegeln vor, und die Europäische Investitionsbank will weitere Hilfen von 40 Mrd. Euro anstoßen. Und auch der ESM könnte noch eine Rolle spielen. Die Staats- und Regierungschefs billigen derweil einen Einreisestopp.ahe Brüssel – Die EU-Mitgliedstaaten haben wegen der Coronakrise einen vorübergehenden weitreichenden Einreisestopp in die Europäische Union gebilligt. Nach einer Videokonferenz der Staats- und Regierungschefs sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestern aber, die Bewegungsfreiheit für Güter und Waren im Binnenmarkt müsse auf jeden Fall aufrechterhalten bleiben. Die EU werde sich zudem “entschieden” gegen die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise stemmen.Am Montag hatten auch die Euro-Finanzminister zusammen mit ihren Kollegen aus den Nicht-Euro-Staaten der EU in einer Videokonferenz schon fünf Stunden lang darüber diskutiert, wie die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise eingedämmt werden können. Konkrete weitere Hilfsprogramme wurden nicht beschlossen, sondern lediglich die Initiativen der EU-Kommission, der Mitgliedstaaten, der Bankenaufsichtsbehörden und der Europäischen Investitionsbank (EIB) begrüßt und unterstützt. Die Eurogruppe will die weitere Entwicklung in der nächsten Zeit in regelmäßigen Calls – mindestens ein Mal pro Woche – besprechen.Eurogruppen-Chef Mario Centeno versprach am Montagabend nach der Videokonferenz: “Wir werden unsere Bürger und unsere Währung unter allen Umständen und mit allem schützen, was wir haben.” Man werde alles tun, was notwendig sei, und noch mehr, um das Vertrauen wiederherzustellen.Nach Angaben von Centeno ergaben vorläufige Schätzungen der EU-Kommission, dass im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus bislang fiskalische Maßnahmen in der EU in Höhe von durchschnittlich etwa 1 % des Bruttoinlandprodukts (BIP) für das Jahr 2020 beschlossen wurden. Hinzu kämen automatischen Stabilisatoren sowie die Verpflichtungen, Liquiditätsfazilitäten in Höhe von mindestens 10 % des BIP bereitzustellen. Diese Fazilitäten kämen unter anderem aus öffentlichen Bürgschaftsprogrammen und gestundeten Steuerzahlungen. Diese Maßnahmen seien “ein erster Schritt”, betonte Centeno. Die Hilfen könnten in Zukunft auch noch höher ausfallen. Neue Beihilferegeln öffentlichDie Eurogruppe unterstützt die EU-Kommission bei ihrer “Corona Investment Initiative”, in deren Zuge nicht genutzte Strukturhilfen für den Kampf gegen das Virus umgewidmet und so insgesamt 37 Mrd. Euro freigesetzt werden sollen. “Wir waren uns einig, dass die notwendigen Gesetzesänderungen so schnell wie möglich umgesetzt werden müssen”, erklärte Centeno. Beifall erhielt auch die Ankündigung der Kommission, den Stabilitäts- und Wachstumspakt und die Beihilferegeln in der nächsten Zeit äußerst flexibel auszulegen.Die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Margrethe Vestager, legte den EU-Mitgliedstaaten unterdessen bereits konkrete Vorschläge für eine vorübergehende Aufweichung der Beihilferegeln vor. Der neue Gesetzesrahmen soll es den nationalen Regierungen ermöglichen, Unternehmen direkte Zuschüsse oder Steuervorteile von bis zu 500 000 Euro zu geben, subventionierte staatliche Garantien für Bankdarlehen zu gewähren oder auch öffentliche und private Darlehen mit subventionierten Zinssätzen zu ermöglichen. Die Wettbewerbskommissarin will den neuen Beihilferahmen bereits in den nächsten Tagen in Kraft setzen.Die Europäische Investitionsbank (EIB) kündigte nach der Eurogruppe an, sie habe ein zusätzliches Paket vorgeschlagen, um EU-weit Unterstützungsmaßnahmen in Höhe von rund 40 Mrd. Euro anzustoßen. Vorgesehen sind Überbrückungskredite, Zahlungsaufschübe sowie weitere Maßnahmen gegen Liquiditätsprobleme bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Konkret geht es um spezielle Garantiesysteme für Banken, die auf bestehenden EIB-Programmen basieren, um ausgewiesene Liquiditätslinien an Banken sowie spezielle Kaufprogramme für Asset Backed Securities (ABS), mit denen Banken Risiken von KMU-Kreditportfolien übertragen können. Alle diese Maßnahmen ließen sich kurzfristig implementieren, um Finanzierungsengpässen zu begegnen.Verschoben wurde von den EU-Finanzministern aufgrund der Corona-Debatten einmal mehr die endgültige Entscheidung über eine Reform des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Centeno zeigte sich zuversichtlich, dass die Eurogruppe dies in Kürze nachholen wird. Noch nicht diskutiert wurden unter den Ministern Forderungen unter anderem aus dem EU-Parlament, dem Eurorettungsschirm ebenfalls eine Rolle bei der Bekämpfung der Viruskrise zuzuweisen.ESM-Chef Klaus Regling verwies im Anschluss an die Eurogruppe auf bislang ungenutzte Kreditlinien seines Hauses von 410 Mrd. Euro, ließ aber offen, wie diese eingesetzt werden könnten. Der ESM sei voll funktionsfähig, betonte er aber und verwies darauf, dass es zahlreiche Instrumente gebe, die bislang noch nie genutzt worden seien. “Wir werden also darüber nachdenken, und das könnten wir gemeinsam mit der Kommission tun, ob und wie diese Instrumente unter den gegenwärtigen Umständen nützlich sein könnten.” Die Umstände seien jetzt aber ganz anders als vor zehn Jahren.