EU-Kommissare sollen sich beim Seitenwechsel gedulden

Juncker schlägt einige Monate mehr Karenzzeit vor

EU-Kommissare sollen sich beim Seitenwechsel gedulden

fed Frankfurt – Der umstrittene Wechsel des ehemaligen EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso zu Goldman Sachs hat – zumindest einige wenige – Änderungen im Regelwerk der EU-Behörde zur Folge. Gestern hat Barrosos Nachfolger, der amtierende EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, vorgeschlagen, EU-Kommissare, Vizepräsidenten und Präsidenten nach ihrer Amtszeit zu einer etwas längeren Zwangspause zu verdonnern, bevor sie wieder in der Wirtschaft anheuern dürfen. Juncker hat sich gestern in einem öffentlichen Brief an EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz dafür starkgemacht, im Verhaltenskodex die Karenzzeit für EU-Kommissare um sechs Monate auf zwei Jahre zu verlängern. EU-Kommissionspräsidenten, also Juncker selbst und seine Nachfolger, sollen mindestens drei Jahre pausieren.Barroso hatte mit seinem Seitenwechsel im vorigen Sommer Empörung provoziert, weil er sich nur gerade einmal 20 Monate geduldet hatte, bevor er den Posten des Non-Executive Chairman bei der US-Investmentbank antrat. Ihm wurde deshalb von seinen Kritikern vorgeworfen, seine besonderen Beziehungen und seine Autorität als ehemaliger Behördenchef zu missbrauchen, um für Goldman Sachs Türen in der EU-Kommission zu öffnen.Wenig überraschend halten diejenigen, die sich damals am lautstärksten über den Jobwechsel des Portugiesen beschwert haben, die von Juncker nun angebotenen Korrekturen am Verhaltenskodex für unzureichend. “Die Drehtür in Brüssel kreist weiter, nur ein wenig langsamer”, beklagen die Aktivisten von Lobbycontrol, einer Organisation, die potenzielle Interessenkonflikte von EU-Politikern beäugt. Lobbycontrol fordert Zwangspausen von drei Jahren für EU-Kommissare und von fünf Jahren für EU-Kommissionspräsidenten. Außerdem müsse ein “unabhängiges Ethik-Gremium” geschaffen werden, das grundsätzlich jeden Jobwechsel eines ehemaligen EU-Kommissars begutachtet – nicht bloß ein “Ad-hoc-Komitee”, das nur in besonderen Fällen zusammentritt.