Wettbewerbsinstrumente

EU-Kommission nimmt Drittstaaten-Subventionen ins Visier

Unternehmen aus Drittstaaten, die durch staatliche Subventionen Wettbewerbsvorteile in Europa haben, sollen es künftig deutlich schwerer haben, EU-Unternehmen aufzukaufen oder bei öffentlichen Aufträgen auszustechen. Die EU-Kommission will ihre Kompetenzen daher deutlich erweitern.

EU-Kommission nimmt Drittstaaten-Subventionen ins Visier

ahe Brüssel

Die EU-Kommission schärft ihr Instrumentarium, um die europäische Wirtschaft besser vor unfairem Wettbewerb mit Unternehmen aus Drittstaaten schützen zu können. Ins Visier nimmt die Brüsseler Behörde jetzt insbesondere Subventionen, die beispielsweise Unternehmen aus China Vorteile auf dem europäischen Binnenmarkt verschaffen. Diese öffentlichen Förderungen sollen künftig beim Erwerb von EU-Unternehmen oder auch bei der Teilnahme an öffentlichen Vergabeverfahren offengelegt werden.

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager verwies bei der Vorstellung der neuen Subventionsprüfung darauf, dass allein 2019 mehr als 7 Bill. Euro an ausländischen Direktinvestitionen in die EU geflossen seien. „Die Offenheit des Binnenmarkts ist unser größter Trumpf. Für Offenheit braucht es jedoch Fairness“, betonte die Dänin. „Gerade in diesen schwierigen Zeiten ist es wichtig, faire Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten, um die Erholung der EU-Wirtschaft zu unterstützen.“

Hohe Schwellenwerte

Zu den von der Kommission konkret genannten Subventionen gehören unter anderem zinslose Darlehen oder anderer Arten der nicht kostendeckenden Finanzierung, unbegrenzte staatliche Garantien, Nullsteuervereinbarungen oder direkte finanzielle Zuschüsse.

Die EU-Wettbewerbsbehörde kann künftig aktiv werden, wenn ein EU-Un­ternehmen mit einem Umsatz von 500 Mill. Euro oder mehr übernommen wird oder die drittstaatliche Subventionssumme 50 Mill. Euro übersteigt. Bei öffentlichen Vergabeverfahren greift das neue Instrument ab einem geschätzten Auftragswert von 250 Mill. Euro. Die EU-Kommission erhält allerdings auch in anderen Fällen die Möglichkeit, von sich aus Untersuchungen einzuleiten. Ihre Kompetenzen sollen beträchtlich sein: So kann sie die Vergabe öffentlicher Aufträge an subventionierte Bieter oder geplante Zusammenschlüsse untersagen, vor Ort Kontrollen durchführen oder auch hohe Bußgelder verhängen. Die EU-Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament müssen der Verordnung allerdings noch zustimmen.

Für Jan Bonhage, dem Außenhandels- und Beihilferechtsexperten bei Hengeler Mueller in Berlin, ist dies dennoch schon „eine der grundlegendsten Reformen im europäischen Wettbewerbsrecht der vergangenen Jahrzehnte“. Die EU-Kommission schaffe damit auf europäischer Ebene eine vierte Säule im Wettbewerbsrecht neben dem Kartellrecht, der Fusionskontrolle und dem Beihilferecht, betonte Bonhage im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

Für Unternehmen bedeuteten die Vorschläge allerdings, dass „der Aufwand größer, die Verfahren komplexer und die Transaktionssicherheit geringer“ werde. Betroffen seien ja nicht nur chinesische Unternehmen. „Auch Unternehmen in Deutschland müssten dann nachweisen können, welche verbundenen Unternehmen staatliche Förderungen von Drittstaaten erhalten haben.“

Auch von Unternehmensseite kam nicht nur Beifall für die Brüsseler Pläne. So verwies der Maschinenbauverband VDMA darauf, dass die vorgeschlagene Verordnung sehr komplex sei und die Gefahr bestehe, dass die Umsetzung zu einer „erheblichen zusätzlichen Bürokratie und Rechtsunsicherheit“ führe. Der Verband kritisierte zudem, dass Firmen zur Weitergabe vertraulicher Informationen gezwungen werden könnten.

Auch Jana Dammann de Chapto, Kartellexpertin der internationalen Agentur Latham & Watkins, sieht ein gewisses Risiko und einen Mehraufwand auf Seiten der Unternehmen. Die EU-Kommission habe offenbar versucht, alle möglichen Konstellationen mit ihren Vorschlägen abzudecken, sagte sie zur Börsen-Zeitung.

Applaus im EU-Parlament

Hinzu komme, so Dammann de Chapto: „Bei der Frage, was genau öffentliche Subventionen im Sinne des EU-Verordnungsentwurfs sind, und wie diese nachgewiesen werden können, dürfte es zu praktischen Problemen kommen. Was sind zum Beispiel ausländische Steuererleichterungen, die nicht allen Unternehmen zugutekommen?“

Aus dem EU-Parlament kam hingegen viel Applaus. Anna Cavazzini von den Grünen, Vorsitzende des Binnenmarktausschusses, nannte die Pläne „überfällig“. Schon länger sei zu beobachten, wie künstlich niedrig gehaltene Angebote – meistens aus China – Unternehmen in der EU öffentliche Aufträge wegschnappten und damit die Regeln des europäischen Binnenmarkts und des fairen Wettbewerbs unterwanderten.

Gerade China betreibe durch seine Staatsunternehmen „knallharte Interessenpolitik“, ergänzte Markus Ferber (CSU). Gerade in strategischen Zukunftssektoren müsse sich die EU intelligenter anstellen. „Ein Fall wie Kuka darf sich nicht wiederholen.“