EU lässt Kritik an Solar-Einigung kalt

De Gucht reagiert gelassen auf Klageandrohung - Verbesserte Aussichten für Dialog mit Peking

EU lässt Kritik an Solar-Einigung kalt

EU-Kommissar Karel De Gucht hat Vorwürfe zurückgewiesen, er sei gegenüber China eingeknickt. Der Kompromiss, mit dem der Anti-Dumping-Streit über den Handel von Solarpaneelen beigelegt werden soll, sei vielmehr ein tragfähiger Ausgleich der Interessen, mit dem Hersteller und Verbraucher in der EU leben könnten.fed/ge Brüssel/Berlin – EU-Kommissar Karel De Gucht hat sich am Wochenende mit dem chinesischen Handelsminister Gao Hucheng darauf verständigt, dass sich chinesische Exporteure von Solarpaneelen entweder zu Mindestpreisen von 56 Cent pro Watt verpflichten müssen – oder bei Lieferungen nach Europa ein Strafzoll aufgeschlagen wird. Dieser variiert je nach Firma, dürfte aber im Schnitt nahe 50 % des Warenwertes liegen. Zudem dürfen chinesische Solarpaneele nur mit einer jährlichen Leistung von maximal 7 Gigawatt (GW) ohne Strafzoll nach Europa geliefert werden. Für alle weiteren Importe aus der Volksrepublik in die EU muss der üppige Zoll gezahlt werden – der laut EU genau so bemessen ist, dass er den Schaden der europäischen Industrie durch chinesisches Dumping kompensiert.De Gucht skizziert deshalb folgendes Szenario: Voraussichtlich 70 % der chinesischen Exporteure werden sich den Preisverpflichtungen unterwerfen und Solarmodule, Zellen und Paneele zu 56 Cent/Watt (oder sogar etwas mehr) in die EU liefern. Das ist aus seiner Sicht wichtig, denn den größten Teil des Bedarfs der EU könnten europäische Anbieter ohnehin nicht decken. Die Abmachung stelle sicher, dass künftig zwar keine Solarprodukte mehr zu Dumpingpreisen aus China nach Europa verschifft würden, andererseits aber der Bedarf der EU günstig gedeckt werde. Die EU-Hersteller wiederum hätten genug Spielraum, um ihre Marktanteile zurückzuerobern – allein deshalb, weil alle Einfuhren oberhalb von 7 GW mit Strafzoll belegt würden. “Wir haben eine einvernehmliche Lösung gefunden, die zu einem neuen Gleichgewicht auf dem europäischen Markt führen wird.”Der Belgier deutete an, dass er der angekündigten Klage der Solarlobby EU Pro Sun gegen den Kompromiss vor dem EU-Gerichtshof wenig Chancen einräume. Die Organisation habe “keinen Fall”, um vor Gericht zu ziehen. Gleichzeitig signalisierte der EU-Kommissar, dass die Verständigung im Solarstreit die Aussichten auf eine Beilegung der Kontroversen über mögliche chinesische Zölle auf europäische Polysilizium-Lieferungen und auf Wein verbessere.Angesprochen auf den Widerstand, den er von nationalen Regierungen und vor allem von der Bundesregierung zu spüren bekam, beließ es De Gucht bei einem vorsichtigen Seitenhieb: Die EU habe die alleinige Kompetenz in Fragen des Außenhandels. Bilaterale Verhandlungen “mit China oder wem sonst” seien nicht hilfreich. SMA Solar droht UngemachIn Berlin begrüßten die Umwelt- und Wirtschaftsminister den Kompromiss. Aus dem Rösler-Ressort verlautete zudem, dass damit auch die drohenden Strafzölle auf Polysilizium, die vor allem den MDax-Wert Wacker Chemie getroffen hätten, vermieden werden konnten.Im Gegenzug könnten freilich diverse Solarparkentwickler und der weltgrößte Wechselrichterhersteller, die ohnehin angeschlagene SMA Solar, böse unter die Räder kommen, fürchten Marktbeobachter. Die Bauherren großer Solaranlagen beziehen ihre Module zumeist direkt aus China – zu Preisen, die deutlich unter dem nunmehr vereinbarten Minimum von 56 Cent/Watt liegen. Um die künftig höheren Kosten zu kompensieren, könnten Entwickler auf billigere chinesische Richter umsteigen, wie es SAG Solarstrom schon angekündigt hat – zumal Tests der Fachzeitschrift Photon zeigen, dass “mittlerweile auch in Asien produzierte Wechselrichter sehr gut sind”, berichtet Sprecher Bernd Schüßler.Photovoltaik-Experten betonen zudem, dass das Limit von 7 GW keinerlei positive Auswirkungen für hiesige Anbieter haben dürfte. Lieferungen aus China und anderen asiatischen Ländern “können die Nachfrage in Europa locker decken”. Mit 77 Cent/Watt liegen deutsche Hersteller nach jüngsten Preiserhebungen um rund ein Drittel über dem jetzt mit China vereinbarten Minimum.