EU sichert sich Zugriff auf kritische Rohstoffe aus Chile
ahe Brüssel
Rund 20 Jahre nach dem ersten Assoziierungsabkommen haben sich die EU und Chile auf eine Ausweitung ihrer Handelsbeziehungen verständigt. Wie die EU-Kommission am Freitag nach Gesprächen mit der chilenischen Außenministerin Antonia Urrejola in Brüssel mitteilte, soll es weiter Zollsenkungen und einen noch stärkeren Austausch von Waren und Dienstleistungen geben. Die EU-Kommission sprach von einem „Meilenstein von zentraler geopolitischer Bedeutung“.
Vizepräsident und Handelskommissar Valdis Dombrovskis verwies in dem Zusammenhang insbesondere auf die Zusammenarbeit bei Rohstoffen und sauberen Energiequellen. Denn Brüssel erhofft sich von den Vereinbarungen vor allem auch einen noch besseren Zugang zu Lithium, Kupfer und Wasserstoff – was für die grüne Transformation der Wirtschaft und insbesondere den Ausbau der Elektromobilität entscheidende Bedeutung hat.
Bereits heute gibt es keine EU-Zölle auf den Handel mit Lithiumprodukten aus Chile, was dazu geführt hat, dass das südamerikanische Land in den Jahren 2019 bis 2021 bereits 63% des Lithiumverbrauchs in der EU gedeckt hat. Die beiden nächstgrößeren Lieferanten – die Schweiz sowie Russland – kamen jeweils nur auf 9,7%. Das Abkommen mit Chile könnte es auch ermöglichen, die Importe aus Russland noch weiter herunterzufahren. Chile ist nach China weltweit zweitgrößter Lithiumproduzent. Bei Kupfer ist das Land weltweit Nummer 1.
Der Warenhandel zwischen der EU und Chile ist seit Abschluss des ersten Handelsabkommens 2002 bis 2021 um 163% gestiegen. Dabei profitierten die Europäer besonders: Die Warenexporte nach Chile kletterten in diesem Zeitraum sogar um 284%. Im vergangenen Jahr summierten sich die Exporte auf 9,6 Mrd. Euro. Sollte das modernisierte Abkommen in Kraft treten, könnten die Ausfuhren auf gut 14 Mrd. Euro steigen. Dann wird es Zollfreiheit für 99,9% aller EU-Exporte nach Chile geben. Ausnahmen gibt es lediglich noch bei Zucker.
Chile profitiert im Gegenzug beim Verkauf von Lebensmitteln nach Europa, unter anderem von Olivenöl und Fleisch. Insbesondere bei den Geflügelexporten sollen deutlich höhere Mengen erlaubt sein. Die Europäer hatten wiederum großen Wert darauf gelegt, in Zukunft mehr Käse nach Südamerika exportieren zu können.
Bei der Modernisierung ihres bisherigen Abkommens wurde zudem darauf geachtet, dass nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die politische Partnerschaft gestärkt wird. Das betrifft auf der einen Seite das Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz, auf der anderen Seite aber auch die Bereiche demokratische Grundsätze, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit sowie Gleichstellung der Geschlechter, zu denen neue eigenständige Bestimmungen in den Vertrag geschrieben wurden – beispielsweise Verpflichtungen zur Beseitigung der Diskriminierung von Frauen. Die Ergebnisse der Verhandlungen müssen nun vom EU-Parlament und zum Teil auch noch von den EU-Ländern ratifiziert werden.