EU spürt Rückenwind für Euroland

Kommission hebt Wachstumsprognosen für 2015 an - Billiges Öl und Euro-Abwertung als Treiber

EU spürt Rückenwind für Euroland

Der niedrige Ölpreis und der schwache Euro geben der konjunkturellen Erholung im Euroraum Rückenwind. Die EU-Kommission hat ihre Wachstumsprognose nach oben korrigiert.rh Brüssel – Die konjunkturelle Erholung im Euroraum wird nach Einschätzung der EU-Kommission in diesem Jahr etwas kräftiger ausfallen als bislang vorhergesagt. In ihrer gestern veröffentlichten Frühjahrsprognose geht die EU-Kommission für 2015 von einem Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,5 % aus, das sich 2016 auf 1,9 % beschleunigen könnte. Im Vergleich zu ihrer im Februar publizierten Winterprognose hat sie die Projektionen für das laufende Jahr um 0,2 Prozentpunkte nach oben korrigiert und jene für das nächste Jahr unverändert gelassen. Für die ganze EU erwartet sie ein BIP-Wachstum von 1,8 % 2015 und 2,1 % 2016 – was gegenüber der Winterprognose eine Korrektur um 0,1 Prozentpunkte nach oben für das laufende Jahr bedeutet. Lob für die EZB-PolitikDen Hauptmotor des Aufschwungs bildet die Binnennachfrage, die zunächst vor allem von einer Beschleunigung des privaten Konsums und 2016 von mehr Investitionen profitieren dürfte. Eine Reihe von Faktoren beflügle den andernfalls nur leichten Aufschwung, hielten die Auguren weiter fest. So sind die Ölpreise nach wie vor tief, und der Euro hat weiter nachgegeben, was die Exporte fördert. Zudem wirke sich die Politik der quantitativen Lockerung (QE) durch die Europäische Zentralbank (EZB), also der breit angelegte Kauf von Anleihen, signifikant auf die Finanzmärkte aus. Dies trage zu niedrigen Zinssätzen und positiven Erwartungen hinsichtlich günstiger Kreditbedingungen bei. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici sprach vom “erfolgreichsten Frühjahr seit mehreren Jahren” für Europas Wirtschaft.Die Kommission erwartet für das laufende Jahr in allen EU-Staaten mit Ausnahme von Zypern (-0,5 %) Wachstum. Die höchsten Zuwächse sollen mit Werten zwischen 3,4 % und 3,6 % Luxemburg, Malta und Irland erzielen. Deutschland wird ein BIP-Anstieg um 1,9 % prognostiziert – was 0,4 Prozentpunkte mehr bedeutet als im Februar. Für Griechenland wurde die Prognose aufgrund der anhaltenden Unsicherheit über das Hilfsprogramm markant gesenkt (siehe Bericht auf Seite 6).Trotz der konjunkturellen Erholung werden die Arbeitslosenquoten wohl nur langsam sinken. Im Euroraum erwartet Brüssel einen Rückgang von 11,6 % im vergangenen auf 11,0 % in diesem und 10,5 % im nächsten Jahr, in ganz Europa von 10,2 % über 9,6 % auf 9,2 %. Die Inflationsrate wird laut der Prognose in der ersten Jahreshälfte 2015 wegen der tiefen Energiepreise bei nahezu null bleiben, aber im zweiten Halbjahr wieder anziehen. Für das ganze laufende Jahr geht die Brüsseler Behörde gemessen an den Konsumentenpreisen in der Eurozone von einer durchschnittlichen Inflation von 0,1 % aus, die 2016 auf 1,5 % anziehen soll.Die Aussichten für die öffentlichen Finanzen der Mitgliedstaaten würden sich dank der Konsolidierungsanstrengungen der vergangenen Jahre, des Aufschwungs und der tiefen Zinsen aufhellen, hält die Kommission weiter fest. Für den Euroraum geht sie von einem kumulierten Staatsdefizit von 2,0 % des BIP im laufenden und 1,7 % im nächsten Jahr aus. Im Falle Frankreichs hat sich die Einschätzung der Haushaltslage gegenüber der Winterprognose etwas verbessert: Neu erwartet Brüssel, dass das Staatsdefizit ohne zusätzliche Maßnahmen von 4,0 % des BIP im vergangenen auf 3,8 % in diesem und 3,5 % im nächsten Jahr sinken wird. Im Februar wurden noch Werte von über 4 % für beide Jahre vorausgesagt. Neben der konjunkturellen Erholung tragen auch Ausgabensenkungen zur Verbesserung bei. Die von Paris in Aussicht gestellten Kürzungen um 4 Mrd. Euro bezeichnete Moscovici als “gute Arbeitsgrundlage”. Empfehlungen zur Wirtschafts- und Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten will die Kommission nächste Woche veröffentlichen.