EU streitet über faire Steuerregeln

Regierungen und Parlament uneins über automatischen Informationsaustausch

EU streitet über faire Steuerregeln

fed Brüssel – In der EU bahnt sich ein Streit zwischen dem Europäischen Parlament und den nationalen Regierungen über Strategie und Rollenverteilung im Kampf gegen aggressive Steuervermeidung an. Während einige EU-Regierungen vor allem internationale Vereinbarungen im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vorantreiben wollen, halten die Europaabgeordneten eigene EU-Vorgaben für zwingend notwendig. “Wir brauchen europäische Regeln”, meint der FDP-Europaparlamentarier Michael Theurer, federführendes Mitglied des Sonderausschusses über die Enthüllungen extrem niedriger Steuern für Unternehmen in Luxemburg (Luxleaks).Zugleich pocht das EU-Parlament – im Gegensatz zu vielen nationalen Regierungen – auf eine zentrale Rolle der EU-Kommission beim vorgeschlagenen automatischen Informationsaustausch über Steuervorbescheide (Tax Rulings). Die EU-Behörde soll alle Meldungen über solche verbindlichen Bescheide nationaler Steuerverwaltungen gegenüber Firmen in einem zentralen Register sammeln. Großbritannien, Spanien und Slowenien hingegen wehren sich gegen eine Übermittlung firmenspezifischer Daten – sogar, wenn dies in anonymisierter Form geschieht. Sie wollen allenfalls statistische Daten liefern. Ruf nach AusdehnungDer CSU-Abgeordnete Markus Ferber, zuständiger Berichterstatter für die Gesetzespläne in Sachen automatischer Informationsaustausch über Vorbescheide, plädiert dafür, über den Vorschlag der EU-Kommission hinauszugehen. “Nationalen Behörden fehlen oft die notwendigen Informationen zu den Auswirkungen eines anderen Steuerregimes”, argumentiert Ferber. Er verlangt daher die Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf alle Steuervorbescheide und Verständigungsvereinbarungen – nicht nur auf solche von grenzüberschreitender Dimension. Zudem macht sich Ferber dafür stark, dass die EU-Kommission auf Basis ihres zentralen Registers jährlich einen Bericht veröffentlichen solle, “in dem sie die bedeutendsten Fälle zusammenfasst”.Am morgigen Donnerstag wird EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sich vor dem Sonderausschuss Luxleaks den Fragen der Abgeordneten stellen. Fünf Tage später wird dort Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zu Gast sein. Er muss damit rechnen, dann auch mit Nachfragen zu deutschen Steuerpraktiken konfrontiert zu werden, etwa über die Rechtsbegriffe der “verbindlichen Auskunft” und der “tatsächlichen Verständigung” im deutschen Steuerrecht.