EuGH urteilt in Causa Rimsevics gegen Lettland

Suspendierung von Notenbankchef verstößt gegen EU-Recht - EZB pocht auf Unabhängigkeit

EuGH urteilt in Causa Rimsevics gegen Lettland

op Luxemburg/ms Frankfurt – Im Streit über die Suspendierung seines Notenbankchefs Ilmars Rimsevics hat Lettland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Niederlage erlitten. Die Luxemburger Richter urteilten gestern, dass das baltische Land mit der Entmachtung Rimsevics’ wegen vermeintlicher Korruption gegen EU-Recht verstoßen habe, und sie hoben die entsprechende Entscheidung des lettischen Büros zur Verhütung und Bekämpfung der Korruption auf. Ob Rimsevics in sein Amt zurückkehren und auch wieder im EZB-Rat aktiv sein wird, scheint bislang aber offen. Vorwurf der KorruptionRimsevics wird vorgeworfen, Bestechungsgelder gefordert und angenommen zu haben. Es geht dabei unter anderem um eine Vergnügungsreise und 250 000 Euro. Rimsevics bestreitet alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Er wurde Anfang 2018 verhaftet, gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung aber wieder auf freien Fuß gesetzt. Das gegen ihn verhängte Verbot, sein Amt als Zentralbankpräsident auszuüben, blieb allerdings in Kraft. Ihm war auch die Ausreise untersagt.Genau wie Rimsevics selbst klagte auch die Europäische Zentralbank (EZB) gegen die Maßnahmen der lettischen Behörden. Sie wollte klären lassen, ob die Maßnahmen mit dem Unionsrecht vereinbar sind. Für die EZB ging es in dem Fall auch um das stets hochgehaltene Prinzip der Unabhängigkeit. Gemäß Artikel 14.2 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) und der EZB könne der “Präsident einer nationalen Zentralbank (…) aus seinem Amt nur entlassen werden, wenn er die Voraussetzungen für die Ausübung seines Amtes nicht mehr erfüllt oder eine schwere Verfehlung begangen hat”, so die EZB.Einige Kritiker warfen der EZB vor, sich über Gebühr für jemanden einzusetzen, der unter Korruptionsverdacht stehe. Weil auch andere Ratsmitglieder in Rechtsstreitigkeiten verwickelt waren und sind, gibt es auch eine Debatte über mögliche Folgen für das Ansehen der EZB. Das hatte EZB-Präsident Mario Draghi aber zurückgewiesen. Die EZB schlage sich auf keine Seite, sagte er Mitte Juni 2018 in der Causa Rimsevics.In seinem Urteil stellt der EuGH nun zunächst fest, dass er nicht befugt sei, an die Stelle der nationalen Gerichte zu treten, die für die Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit zuständig sind, oder gar befugt sei, in die strafrechtlichen Ermittlungen einzugreifen. Allerdings habe er zu prüfen, ob die Entlassung eines nationalen Zentralbankpräsidenten durch eine schwere Verfehlung gerechtfertigt ist. Der EuGH hatte Lettland aufgefordert, entsprechende Beweise dafür vorzulegen. Die daraufhin vorgelegten Dokumente beweisen dies nach Ansicht der Richter allerdings nicht. Daher wird die streitige Entscheidung Lettlands für nichtig erklärt, soweit Rimsevics untersagt wird, sein Amt als Präsident der Zentralbank Lettlands auszuüben.Ob Rimsevics in sein Amt zurückkehren wird, schien zumindest gestern offen. Mancher Beobachter hält es für unwahrscheinlich. “Zumindest legal bedeutet das, dass er wieder an die Arbeit gehen kann”, zitierte die Nachrichtenagentur Bloomberg gestern Martins Kveps, einen Anwalt von Rimsevics, zum EuGH-Urteil. “Natürlich, was als nächstes passiert, weiß ich nicht, ob es neue Einschränkungen geben wird”, sagte Kveps. Riga akzeptiert UrteilLettland will die EuGH-Entscheidung anerkennen und die Sicherheitsmaßnahmen gegen Rimsevics offenbar zumindest teilweise aufheben. Das sagte Generalstaatsanwalt Eriks Kalnmeiers laut Bloomberg gestern in Riga. “Da einige Einschränkungen bestehen bleiben, muss Rimsevics die Erlaubnis des Staatsanwalts einholen, zu reisen und mit bestimmten Personen zu kommunizieren.” Zuletzt hatte ihn die stellvertretende Notenbankchefin Zoja Razmusa im EZB-Rat vertreten.