Konjunktur

Euro-Industrie drosselt Produktion

Lieferkettenstress, hohe Rohstoff- und Energiekosten sowie die Folgen des Ukraine-Kriegs haben der Euro-Industrie einen Dämpfer versetzt: Die Produktion wurde um 1,8% zurückgefahren. Ökonomen hatten aber mit Schlimmerem gerechnet.

Euro-Industrie drosselt Produktion

ba Frankfurt

Die Industrie im Euroraum hat im März die Produktion kräftig gedrosselt – wenn auch nicht ganz so stark wie befürchtet. Neben den ökonomischen Folgen des Ukra­ine-Kriegs, der am 24. Februar begonnen hatte, wird die Fertigung weiter von rasant steigenden Preisen und dem durch neuerliche Lockdowns in China verschärften Materialmangel gebremst. In der Ukraine gefertigte Kabelbäume, die nun in der Autoproduktion fehlen, sind das prominenteste Beispiel. So hat etwa Audi am Freitag angekündigt, die Produktion von drei Modellreihen in Neckarsulm vom 16. bis 20. Mai wegen Lieferengpässen ruhen zu lassen. Besserung für die Industrie ist so schnell nicht in Sicht, zumal auch die Neuaufträge angesichts der gestiegenen Unsicherheit rückläufig sind. Dementsprechend mehren sich auch die Sorgen vor einer Rezession – in Deutschland und auch im Euroraum insgesamt.

Laut dem Statistikamt Eurostat hat die Industrie im Euroraum im März 1,8% weniger produziert als im Vormonat. Ökonomen hatten einen Rückgang um 2,0% erwartet. Allerdings revidierten die Luxemburger Statistiker das Wachstum für Februar leicht nach unten: So stieg der Ausstoß um 0,5% statt wie zuvor gemeldet um 0,7%. Ähnlich verhielt es sich auch mit dem Vorjahresvergleich: Eurostat vermeldet für März einen Rückgang um 0,8%, wohingegen Ökonomen ein Minus von 1,0% prognostiziert hatten. Im Februar war noch ein Plus um revidiert 1,7 (zuvor: 2,0)% ermittelt worden.

Deutschland hart getroffen

Die in den vergangenen Tagen veröffentlichten Produktionszahlen der größten Euro-Volkswirtschaften so­wie die jüngste Einkaufsmanagerumfrage hatten bereits angedeutet, dass sich die Folgen des Ukraine-Kriegs und der Sanktionen in den März-Daten deutlich niederschlagen werden. Am stärksten betroffen war die deutsche Industrie (−5,0%). Nach fünf Anstiegen in Folge habe die Produktion im März „einen markanten Rückgang“ verzeichnet und auch die Auftragseingänge seien gesunken, heißt es im Monatsbericht Mai des Bundeswirtschaftsministeriums, der am Freitag veröffentlicht wurde. Deutschland sei als exportorientiertes Land überproportional von den Handelssanktionen gegen Russland betroffen, aber auch die hohen Preise für Strom, Gas und Öl würden die Unternehmen belasten. Während die Ifo-Umfrage im April bereits wieder eine leichte Stimmungsaufhellung für das verarbeitende Gewerbe zeigte, gab der Einkaufsmanagerindex erneut nach – signalisiert aber weiter Wachstum. Neben dem Krieg bereitet der Regierung auch die chinesische Null-Covid-Politik Sorge. Rund 3% der weltweiten Containerfrachtkapazität stünden derzeit im Stau im Hafen von Schanghai. Sollte es weiterhin Lockdowns solcher Größenordnungen in China geben, dann wären neue Lieferengpässe und eine Verlangsamung des Welthandels möglich.

Ein düsteres Bild der Industrie im Euroraum zeichnen aber auch die Daten aus Frankreich und Spanien: Die spanische Industrie drosselte die Produktion im März um 1,8%, für Frankreich registriert Eurostat ein Minus von 0,5% im Monatsvergleich. Während Italiens Industrieproduktion stagnierte, wurde in den Niederlanden 0,2% mehr hergestellt als im Vormonat. Unter den übrigen Mitgliedstaaten verzeichnete Eurostat die stärksten monatlichen Rückgänge für die Slowakei (−5,3%) und Luxemburg (−3,9%). Der höchste Anstieg hingegen wurde in Litauen (11,3%) beobachtet.

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