Euro-Inflation auf Kurs Richtung Nulllinie
rec Frankfurt – In der Eurozone hat der Preisdruck infolge des Ölpreissturzes und des Corona-Stillstands stark nachgelassen. Im April lagen die Verbraucherpreise im Währungsgebiet 0,4 % höher als ein Jahr zuvor. Das ergab eine Schnellschätzung von Eurostat. Volkswirte hatten im Durchschnitt einen noch stärkeren Rückgang auf 0,1% erwartet, nach 0,7 % im März und 1,2 % im Februar.Das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von knapp 2 % rückt damit in weite Ferne. Das dürfte die Notenbank in ihrer Krisenpolitik bestätigen. Zugleich erhöht es die Wahrscheinlichkeit, dass die EZB angesichts der Schwere der Rezession beizeiten nachlegt, etwa indem sie ihr 750 Mrd. Euro schweres Notfallanleihekaufprogramm PEPP aufstockt. Am Donnerstag hat sie den Banken im Euroraum zusätzliche Liquidität zu nochmals verbesserten Konditionen in Aussicht gestellt (siehe Text auf dieser Seite).Der Rückgang des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) auf 0,4 % war im Wesentlichen durch den Ölpreisverfall getrieben. Die Energiepreise ließen auf Jahressicht um 9,6 % nach. Dem wirkten die Lebensmittelpreise entgegen: Sie legten auch wegen Versorgungsengpässen 7,7 % zu. Die um beide Komponenten bereinigte Kerninflation sank geringfügig auf 0,9 %. In etlichen Ländern rutschte die Inflation in den negativen Bereich, etwa in Spanien (- 0,6 %) und Griechenland (- 0,9 %). Geschlossene Läden beeinträchtigten die Arbeit der Statistiker allerdings, wie Eurostat einschränkte. Anstelle vor Ort erhobener Preise mussten sie vermehrt auf Schätzverfahren zurückgreifen.Der wirtschaftliche Einbruch infolge der Lockdowns wird den Preisdruck nach Auffassung der EZB über Monate bremsen. Den langfristigen Inflationsausblick sieht EZB-Chefin Christine Lagarde mit “großer Unsicherheit” behaftet. Auch Beobachter sind uneins. Einerseits sind steigende Preise denkbar, wenn sich die Nachfrage schneller erholt, als Betriebe ihre Produktion wiederaufnehmen können und Lieferketten störungsfrei funktionieren. Jobverluste und Unsicherheit über den Verlauf der Pandemie dürften Konsum- und Investitionslaune hingegen trüben, was tendenziell die Preise dämpft.