Euro-Inflation durch Ölpreis wieder im Fokus

Preisrückgang bremst prognostizierten Anstieg der Teuerungsrate - Inflationserwartungen geben nach

Euro-Inflation durch Ölpreis wieder im Fokus

ms Frankfurt – Der erneute deutliche Rückgang der Ölpreise rückt den Inflationsausblick für den Euroraum und mögliche Reaktionen der Europäischen Zentralbank (EZB) wieder verstärkt in den Fokus. Die Volkswirte von Barclays Capital etwa schließen in einer jetzt veröffentlichten Analyse nicht aus, dass durch den neuerlichen Preisrückgang die Inflationsrate erneut unter die Marke von 0 % gedrückt wird – womöglich bereits im August. Zudem sind auch infolge dieser Entwicklung von der EZB viel beachtete marktbasierte Messgrößen der langfristigen Inflationserwartungen gesunken – was vielen in der EZB nicht passen dürfte.Die EZB geht bislang davon aus, dass die Teuerung nicht zuletzt aufgrund der im März gestarteten breit angelegten Staatsanleihenkäufe (Quantitative Easing, QE) allmählich anziehen wird. 2017 erwarten sie diese im Jahresdurchschnitt bei 1,8 %. Deswegen sahen die Euro-Hüter zuletzt keinerlei Handlungsbedarf mehr. Sie haben aber betont, dass sie bereit sind nachzulegen, falls sich der Inflationsausblick “wesentlich verändern” würde. Offen und Gegenstand von Spekulationen ist, wann die Bedingung erfüllt ist.Der Ölpreis, der Ende 2014 einen dramatischen Verfall erlebt hat, hatte sich dieses Jahr zunächst stabilisiert – bis auf 65 Dollar je Barrel (159 Liter) der Sorte Brent. In den vergangenen Wochen ist er aber wieder deutlich gefallen. Gestern sank der Preis für Brent teils auf deutlich unter 49 Dollar, ehe er sich ein wenig erholte. Das war der niedrigste Stand seit sechseinhalb Monaten.Normalerweise schauen Zentralbanken durch Preiskapriolen beim Öl hindurch, zumal die Effekte auf die Inflation temporär sind. Als der Ölpreisverfall 2014 die Inflationsrate zum Jahreswechsel erstmals seit 2009 unter 0 % gedrückt hatte, griff die EZB aber zu QE – zumal die Inflationserwartungen abgesackt waren. Diese haben großen Einfluss auf die Inflation in der Zukunft.Fabio Fois, Ökonom bei Barclays Capital, hält es für möglich, dass die Teuerungsrate künftig erneut unter die Nulllinie fällt. Zuletzt im Juli lag sie bei 0,2 % und war da bereits deutlich gedämpft durch die erneut stark verbilligten Energiepreise. Ein neuerlicher Fall unter 0 % würde die Debatte um eine drohende Deflation erneut mächtig anheizen.Der Zentralbereichsleiter Volkswirtschaft der Bundesbank, Jens Ulbrich, signalisierte derweil gestern, dass die EZB-Volkswirte ihre Inflationsprojektionen im September nach unten werden revidieren müssen. “Der Inflationsverlauf liegt geringfügig niedriger, als wir es in der Juni-Prognose erwartet haben”, sagte Ulbrich zu Reuters. Für 2015 und 2016 hatten die Ökonomen der EZB da 0,3 % und 1,5 % prognostiziert. Er betonte aber, dass der Ölpreisrückgang keine Änderung bei QE erforderlich mache. Die Kernrate ohne Energie und Lebensmittel weise in der Tendenz nach oben. Sie lag im Juli bei 1,0 %. Zudem gehe der Ölpreisrückgang vor allem auf ein erhöhtes Angebot zurück – insofern sei das positiv für das Euro-Wachstum.Zumindest einigen Notenbankern dürfte aber nicht schmecken, dass auch die marktbasierten längerfristigen Inflationserwartungen zuletzt wieder etwas nachgegeben haben. Die an den Märkten erwartete Inflation in fünf Jahren für die nächsten fünf Jahre ist auf Werte unterhalb von 1,75 % gesunken (siehe Grafik). Zeitweise hatte sie dieses Jahr oberhalb von 1,85 % gelegen. Dieser Indikator liegt damit aber noch deutlich oberhalb der Tiefststände zu Jahresbeginn und in der Nähe des EZB-Preisziels von knapp 2 %. In den Jahren vor 2014 lagen die Erwartungen aber meist klar oberhalb von 2 %.