Euro-Inflation sendet Lebenszeichen

Teuerung legt auf 1,4 Prozent zu - Kernrate verharrt überraschend bei 1,0 Prozent - EZB schlägt weiter zu

Euro-Inflation sendet Lebenszeichen

ms Frankfurt – Zum ersten Mal seit November vergangenen Jahres hat sich die Inflation im Euroraum wieder beschleunigt – und das sogar merklich. Im Vergleich zum Vorjahr lagen im März die Preise für Waren und Dienstleistungen wie von Ökonomen prognostiziert um 1,4 % höher, wie Eurostat gestern in einer ersten Schätzung mitteilte. Im Februar hatte der Preisauftrieb bei 1,1 % gelegen. Die Kerninflation ohne Energie und Lebensmittel verharrte überraschend bei 1,0 %. Volkswirte hatten einen minimalen Anstieg vorhergesagt.Die mit Spannung erwarteten Inflationszahlen bergen damit für die Europäische Zentralbank (EZB) tendenziell gemischte Signale. Der Anstieg der Gesamtrate dürfte sie in der Zuversicht bestärken, dass sich die Inflationsrate in Richtung ihres mittelfristigen Ziels von unter, aber nahe 2 % entwickelt. Die unveränderte Kernrate könnte allerdings Zweifel nähren, wie schnell das tatsächlich passiert und wie nachhaltig eine solche Entwicklung wäre.Die neuen Daten kommen zu einer Zeit, da die Debatte im EZB-Rat über ein Ende der ultralockeren Geldpolitik und insbesondere ein Ende der aktuell bis Ende September beschlossenen Anleihekäufe (Quantitative Easing, QE) an Fahrt aufnimmt. Vor allem die Hardliner (“Falken”) wie Bundesbankpräsident Jens Weidmann oder der niederländische Zentralbankchef Klaas Knot dringen auf ein zügiges QE-Ende. Die “Tauben” dagegen warnen vor voreiligen Schritten. Der Rat tagt erneut am 26. April.In Notenbankkreisen scheinen aktuell viele ein Szenario zu teilen, gemäß dem der Rat nach September keine großen Volumina mehr erwirbt und die Käufe allenfalls bis Jahresende schrittweise auslaufen lässt. Dann wären 2019 erste Leitzinserhöhungen möglich (vgl. unter anderem BZ vom 6. März). Entsprechende Signale dürfte es aber erst im Sommer geben.Zuletzt war die Euro-Inflation drei Monate in Folge zurückgegangen. Dass es nun im April wieder bergauf ging, lag vor allem am Preisauftrieb bei unverarbeiteten Lebensmitteln. Sie verteuerten sich auf Jahressicht um 0,9 %, während sie sich im Februar noch um 0,9 % verbilligt hatten. Das dürfte an der Witterung im März gelegen haben. Die Preise für Dienstleistungen legten um 1,5 % zu (zuvor: 1,3 %)und Industriegüter ohne Energie um 0,2 % (0,6 %). Energie verteuerte sich um 2,0 %, nach zuvor 2,1 %.In den nächsten Monaten dürften insbesondere Basiseffekte bei den Energiepreisen für einen weiteren Anstieg der Inflation sorgen. Im Sommer könnte die Teuerungsrate gar nahe an die 2 %-Zielmarke der EZB heranrücken oder diese sogar erreichen. Die Commerzbank etwa prognostiziert dann “gut 2 %”.Mindestens mitentscheidend dürfte aber sein, wie sich die Kernrate entwickelt. Diese haben die Euro-Hüter aktuell im besonderen Fokus, weil sie als besserer Gradmesser für den zugrunde liegenden binnenwirtschaftlichen Preisdruck gilt. EZB-Präsident Mario Draghi hatte nach der März-Sitzung und auch danach betont, dass es zumindest aus Sicht der Mehrheit des Rats “bislang noch keine überzeugenden Anzeichen für einen dauerhaften Aufwärtstrend” bei der Kernrate gebe. Der unveränderte Wert von 1,0 % dürfte diese Einschätzung bestätigen.Vieles deutet indes darauf hin, dass die Kernrate bei einem allmählichen Anstieg der Gesamtrate mit anziehen sollte. Dafür spricht auch, dass sich das Lohnwachstum zumindest ein wenig beschleunigt hat, nicht zuletzt in Deutschland. Zuletzt hatte Euro-Notenbanker Knot gewarnt, dass es auch zu einer nichtlinearen Entwicklung kommen könnte, sich die Inflation also sehr plötzlich beschleunigen könnte. Ähnlich hatte sich Ende 2017 bereits Irlands Zentralbankchef Philip Lane im Interview der Börsen-Zeitung geäußert (vgl. BZ vom 10.11.2017).Unterdessen hat das Eurosystem aus EZB und nationalen Zentralbanken im März Anleihen im Wert von 30,9 Mrd. Euro erworben. Die Notenbanken erhöhten dabei erneut den Anteil der Unternehmensanleihen – auf rund 6,4 Mrd. Euro nach gut 5,4 Mrd. Euro im Februar. Staats- und öffentliche Anleihen machten knapp 20,8 Mrd. Euro (21,8 Mrd. Euro) aus. Mit der Halbierung der monatlichen QE-Käufe auf 30 Mrd. Euro seit Jahresbeginn ist der Anteil der privaten Wertpapiere deutlich gestiegen.—– Wertberichtigt Seite 6