Euro-Inflation verharrt über EZB-Ziel

Teuerungsrate klettert im Oktober auf 2,2 Prozent - Kerninflation legt zu - Notenbanker dämpfen Sorgen

Euro-Inflation verharrt über EZB-Ziel

Das Wachstum in der Euro-Wirtschaft hat sich im Sommer deutlich stärker verlangsamt als erwartet. Die Inflation allerdings legte im Oktober erneut zu. Das dürfte die EZB auf Kurs in Richtung einer vorsichtigen geldpolitischen Normalisierung halten.ms Frankfurt – Die Inflation im Euroraum hat sich im Oktober weiter beschleunigt und den höchsten Stand seit Ende 2012 erreicht – was die Europäische Zentralbank (EZB) in ihrer Absicht bestärken dürfte, ihre umstrittenen Anleihekäufe (Quantitative Easing, QE) zum Jahresende auslaufen zu lassen. Dafür spricht auch, dass eine Reihe Euro-Hüter nun die jüngsten, überraschend schwachen Wirtschaftsdaten eher herunterspielten. Leitzinserhöhungen stehen aber wohl noch lange nicht auf der Agenda der Euro-Hüter. QE soll Ende 2018 auslaufenWie die EU-Statistikbehörde Eurostat gestern in einer ersten Schätzung mitteilte, legten die Verbraucherpreise gegenüber Vorjahr um 2,2 % zu, nach 2,1 % im September. Zuletzt hatte die Teuerungsrate im Dezember 2012 so hoch gelegen. Sie verharrte damit auch den fünften Monat in Folge oberhalb des EZB-Preisziels von unter, aber nahe 2 % (siehe Grafik). Der zugrunde liegende Preisdruck nahm sogar stärker zu als erwartet. Die Kernteuerung ohne die Energie- und Lebensmittelpreise kletterte von zuvor 0,9 % auf 1,1 %. Das dürfte die Zuversicht der Euro-Hüter verstärken, auch nachhaltig das 2-Prozent-Ziel zu erreichen.Der EZB-Rat hatte erstmals im Juni in Aussicht gestellt, QE Ende 2018 einzustellen. Zugleich hatte er avisiert, mindestens über den Sommer 2019 an den rekordniedrigen Leitzinsen festzuhalten. Die Abschwächung der Wirtschaft und zunehmende Risiken hatten zuletzt aber Spekulationen aufkommen lassen, die EZB könne noch vorsichtiger agieren. Der EZB-Rat hatte die Konjunkturabschwächung vergangene Woche indes eher heruntergespielt und vor allem am QE-Ende festgehalten. Am Montag war aber bekannt geworden, dass sich das Wachstum im dritten Quartal unerwartet stark von 0,4 % auf 0,2 % verlangsamt hatte.Nach den enttäuschenden Wachstumszahlen gingen nun zumindest die Inflationszahlen in die gewünschte Richtung. Der Anstieg der Gesamtteuerungsrate auf 2,2 % war vor allem getrieben von den Energiepreisen. Sie legten gegenüber Vorjahr um 10,6 % zu, nach einem Plus von 9,5 % im September. Das liegt am starken Anstieg des Ölpreises. Solche Effekte sind zwar vorübergehend, und deswegen schauen Zentralbanker in der Regel durch so etwas “hindurch”, wie es in der Notenbankersprache heißt.Allerdings legte auch die Kernrate, die als besserer Gradmesser für den inländischen Preisdruck gilt, im Oktober zu. Diese Kernrate steht aktuell im besonderen Fokus der Euro-Hüter. Sie setzen darauf, dass diese nicht zuletzt dank steigender Löhne in den nächsten Monaten und Jahren anzieht und die Teuerung damit auf Dauer Richtung 2 % geht.Wenngleich vieles für dieses Szenario spricht, ist noch nicht ganz klar, ob es so kommt. Der Anstieg der Kernrate im Oktober dürfte auch auf temporäre oder schwankungsanfällige Faktoren wie Preiserhöhungen bei Pauschalreisen zurückgehen. Seit Ende 2016 pendelt die Rate zudem zwischen 0,9 % und 1,2 %. Zugleich aber geht der Anstieg wohl nicht nur auf Saisoneffekte zurück, und das Anziehen der Löhne spricht dafür, dass auch die Kernrate künftig nachhaltig ansteigen wird. Der langfristige Durchschnitt der Kernrate liegt ohnehin nur bei rund 1,5 %.”Die EZB wird mit ihrer allmählichen Normalisierung der Politik auf Kurs bleiben”, kommentierten denn auch die Experten von Morgan Stanley die neuen Daten. Darauf deuten auch gestrige Aussagen von Notenbankern hin, die die schwächeren Konjunkturdaten eher relativierten. Eine geringe Abwärtsrevision der bisherigen Wachstumserwartungen sei zwar möglich, sagte EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny in Wien. Die Dimension sei aber noch nicht so, dass sich die geldpolitische Perspektive ändere, so Österreichs Zentralbankchef. Auch Finnlands Notenbankchef Olli Rehn sieht weiterhin genug Spielraum, um langsam die Geldpolitik zu normalisieren.Die Hürde, vom QE-Ende abzurücken, liegt offenbar hoch. Im Notfall dürften die Notenbanker wohl eher versuchen, die Erwartungen an eine erste Zinserhöhung weiter in die Zukunft zu schieben. Bislang sagen die Euro-Hüter voraus, dass die Zinsen “mindestens über den Sommer 2019” unangetastet bleiben.