Stimmungsumfrage

Euro-Wirtschaft so pessimistisch wie zuletzt Ende 2020

Die Stimmung in der Euro-Wirtschaft ist im September so trübe wie seit fast drei Jahren nicht mehr. Allein die Industrie zeigt sich etwas weniger skeptisch als zuletzt.

Euro-Wirtschaft so pessimistisch wie zuletzt Ende 2020

Euro-Wirtschaft so pessimistisch wie zuletzt Ende 2020

Geschäftsklima gibt nicht so stark nach wie erwartet – Bessere Beschäftigungsaussichten – Industrie sticht positiv heraus

ba Frankfurt

Die Euro-Wirtschaft zeigt sich im September zwar so pessimistisch wie seit fast drei Jahren nicht mehr, doch hat sich die Stimmung nicht mehr ganz so stark eingetrübt wie befürchtet. Zudem sind die Beschäftigungserwartungen, die seit Februar auf einem Abwärtstrend sind, wieder etwas günstiger ausgefallen. Die wirtschaftliche Unsicherheit hat allerdings – mit Ausnahme der Baubranche – unter den Unternehmen wie auch bei den Verbrauchern zugenommen. Damit deutet die Stimmungsumfrage der EU-Kommission eine Stagnation oder ein leichtes Schrumpfen der Wirtschaftsleistung im dritten Quartal an.

Fünfter Rückgang in Folge

Der Economic Sentiment Index (ESI) sank laut EU-Kommission um 0,3 auf 93,3 Punkte. Ökonomen hatten den fünften Rückgang in Folge erwartet, hatten allerdings einen neuen Zählerstand von 92,4 auf dem Zettel. Niedriger stand das Stimmungsbarometer zuletzt im November 2020, also zu Zeiten der Corona-Pandemie. Der ESI für die gesamte Europäische Union fiel um 0,4 auf 92,8 Punkte.

Der Indikator der Beschäftigungserwartungen – der Employment Expectations Indicator (EEI) – legte für die Euro-Wirtschaft um 0,5 auf 102,7 Punkte zu und notiert damit weiter oberhalb seines langjährigen Durchschnittswertes. Der EEI für die EU kletterte um 0,6 auf 102,4 Zähler wegen der optimistischeren Pläne der Dienstleister. Für Industrie und Handel ergaben sich kaum Veränderungen, wohingegen die Beschäftigungserwartungen der Baubranche zurückfielen. Die Verbraucher, deren Einschätzung nicht in dem Beschäftigungsbarometer berücksichtigt ist, machen sich mehr Sorgen um ihre Jobs als im Vormonat. Die Verkaufspreiserwartungen in der EU wiederum gingen im Dienstleistungssektor und im Einzelhandel weiter zurück, blieben aber auf einem hohen Niveau. In der Industrie und im Baugewerbe stabilisierten sich die Verkaufspreiserwartungen laut EU-Kommission in etwa auf ihrem langfristigen Durchschnittswert.

Industrie fällt positiv auf

Im Euroraum sticht unter den Teilbereichen die Industrie hervor, wo die Stimmung leicht stieg. In den Bereichen Konsum, Dienstleister, Bauwirtschaft und Einzelhandel hingegen stieg die Skepsis. Der Industrie-ESI legte um 0,9 auf −9,0 Punkte zu – trotz des ersten Anstiegs nach acht Rückgängen in Folge ist die Stimmung im langjährigen Vergleich aber weiter unterdurchschnittlich. Produktionsaussichten und Auftragslage haben sich zwar verbessert, bleiben aber auf einem niedrigen Niveau. Bei den Dienstleistern haben sich zwar die Absatzerwartungen erhöht, der Vertrauensindikator gab aber um 0,3 auf 4,0 Zähler nach. Das Einzelhandelsvertrauen fiel um 0,6 auf −5,7 Punkte. Die hohe Inflation drückt weiter auf die Konsumentenstimmung, das entsprechende Barometer gab um 1,8 auf –17,8 Punkte nach. "Ohne Berücksichtigung der Coronakrise war die Stimmung bei den privaten Haushalten zuletzt in der Euro-Schuldenkrise so schlecht wie derzeit", erinnert Christian Melzer von der DekaBank. Der Indikator der Bauwirtschaft, die unter den Folgen der restriktiven Geldpolitik leidet, fiel um 1,2 auf −6,2 Punkte.

Deutschland behält die rote Laterne

In den großen Mitgliedsländern Spanien (−3,2 Punkte) und Italien (−2,2 Punkte) ging die Stimmung deutlich zurück. In Frankreich hellte sie sich kräftig auf, und zwar um 2,7 Punkte. Nahezu unveränderte Barometerstände vermeldet die EU-Kommission für Deutschland und die Niederlande (je 0,3 Punkte). Deutschland hält mit einem ESI von 89,0 Punkten weiter die rote Laterne unter den Euro-Schwergewichten: "Das Wirtschaftsvertrauen deutet im September auf eine leichte Schrumpfung der Wirtschaftsleistung im dritten Quartal hin", so Melzer.

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