Euro-Wirtschaftsstimmung verfinstert sich

Standard & Poor's senkt Wachstumsprognose für den Euroraum - IWF-Chefin Lagarde mahnt Reformen an

Euro-Wirtschaftsstimmung verfinstert sich

ba Frankfurt – Die schlechten Nachrichten für die Konjunktur in der Eurozone nehmen kein Ende. Nach dem Einkaufsmanagerindex trübte sich im März nun auch die Wirtschaftsstimmung stärker ein als erwartet. In einer Rede in Paris nahm sich auch IWF-Chefin Christine Lagarde die schwächelnde Euro-Konjunktur vor. Im Vergleich zur Zeit vor der globalen Finanz- und der Staatsschuldenkrise sei die Eurozone zwar besser auf Wirtschaftsstürme vorbereitet, sie sei aber immer noch nicht widerstandsfähig genug. Lagarde mahnte weitere Reformen an, speziell bei der Banken- und der Kapitalmarktunion. Industrie belastet weiterhinDer von der EU-Kommission ermittelte Economic Sentiment Indicator (ESI) fiel im März im Monatsvergleich um 0,7 auf 105,5 Punkte und damit den tiefsten Stand seit Oktober 2016. Ökonomen hatten den neunten Rückgang in Folge erwartet, allerdings nur auf 105,9 Zähler. Damit liegt der ESI, der die Stimmung in Unternehmen und privaten Haushalten misst, zwar weiter über dem langjährigen Durchschnitt von 100 Punkten, allerdings seit mittlerweile einem halben Jahr nicht mehr oberhalb des von der EU-Kommission errechneten Normalbereichs, der von 90 bis 110 Zähler reicht. Das Stimmungsbarometer signalisiert damit aber weiter ein zumindest schwaches Wachstum.Die Stimmungseintrübung betraf nicht alle Wirtschaftsbereiche: Während die Industrie erneut für den stärksten negativen Impuls sorgte (-1,3 Punkte), ging es auch bei den Dienstleistern (-0,8) bergab. Das Vertrauen bei Bau (+0,9) und Einzelhandel (+1,5) hingegen verbesserte sich und das Konsumentenvertrauen (+0,2) stabilisierte sich laut EU-Kommission. In der Länderbetrachtung zeigt sich ein uneinheitliches Bild: In Spanien (+2,3) kletterte der ESI merklich, während er sich in Frankreich (+0,2) und Italien (-0,2) kaum veränderte. Kräftige Einbußen verzeichnet die EU-Kommission für Deutschland (-1,8) und die Niederlande (-1,3).Im verarbeitenden Gewerbe setzte sich im März nach einem Monat der Stagnation die Stimmungseintrübung fort. Das ebenfalls von der EU-Kommission erhobene Geschäftsklima (BCI) fiel um 0,16 auf 0,53 Punkte. Ökonomen hatten hier lediglich einen Rückgang auf 0,68 Zähler erwartet. Alle fünf Komponenten trugen zu diesem Rückgang bei. Laut EU-Kommission wurden die Produktion, die Produktionserwartung und die Orderbücher – sowohl insgesamt als auch die Exportaufträge – deutlich negativer als im Vormonat bewertet. Die Einschätzung der Lagerbestände verschlechterte sich nur leicht.Dass der ESI auf ein Zweieinhalbjahrestief gefallen ist, passt in das aktuell recht trübe ausfallende Konjunkturbild des gemeinsamen Währungsraums. Ökonomen und Institute senken derzeit angesichts der zahlreichen (politischen) Unsicherheitsfaktoren wie der internationalen Handelsstreitigkeiten, der Wachstumsschwäche in China, des Gezerres um die Ausgestaltung des Brexit sowie zahlreicher nationaler Sonderfaktoren – Stichwort Abgasprüfverfahren WLTP und Niedrigwasser im Rhein – die Wachstumsprognosen.Erst gestern kappte die Ratingagentur Standard & Poor’s die Prognose für den Euroraum. In diesem Jahr soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nur mehr 1,1 % zulegen – statt wie zuvor erwartet 1,6 %. 2020 und 2021 sollen es dann wieder jeweils +1,4 % werden. Insbesondere die industriestarken Länder Deutschland und Italien hätten 2018 unter dem schwächeren Welthandel gelitten und dürften daher in diesem Jahr deutlich langsamer wachsen als der Durchschnitt der Eurozone.Auch die öffentlichen Banken in Deutschland schraubten gestern die Euroraum-Prognose von 1,5 bis 2 % auf eine Bandbreite von 1 bis 1,4 % herunter. Die EU-Kommission selbst erwartet ein Wachstum von 1,3 (zuvor: 1,9) % in diesem Jahr. 2018 hatte das Euro-BIP 1,8 % zugelegt.