Europa macht Urlaub bis 29. September

Von Detlef Fechtner, Brüssel Börsen-Zeitung, 17.7.2013 Zugegeben, dass EU-Beamte und Euro-Diplomaten im Sommer länger Ferien machen als Bundesbürger, das ist nichts Neues. Traditionell kehrt die EU-Verwaltung etwas später an die Schreibtische...

Europa macht Urlaub bis 29. September

Von Detlef Fechtner, BrüsselZugegeben, dass EU-Beamte und Euro-Diplomaten im Sommer länger Ferien machen als Bundesbürger, das ist nichts Neues. Traditionell kehrt die EU-Verwaltung etwas später an die Schreibtische zurück. Während etwa dieses Jahr die Sommerferien in Hamburg, Schleswig-Holstein oder Brandenburg bereits Anfang August enden, startet das neue Schuljahr an den Brüsseler Europaschulen erst am 3. September – und das, obwohl dort bereits seit Anfang Juli sommerliche Ruhe herrscht.Im laufenden Jahr ist aber alles noch ein wenig anders als sonst. Denn die Sommerferien der Eurokraten und der Euro-Rettungsmanager werden sich faktisch noch länger hinziehen – sogar über den Herbstanfang hinaus. Denn da an eben jenem 22. September der Bundestag gewählt wird und eine Woche drauf die Österreicher über ihr Parlament entscheiden, gilt es als unwahrscheinlich, dass kurz zuvor noch weitreichende Entscheidungen getroffen werden. Das gilt zum einen für laufende Finanzmarkt-Gesetzgebungsverfahren, denn weder Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble noch seine Amtskollegin Maria Fekter werden sich in den letzten, heißen Wahlkampftagen gerne nachsagen lassen, sie hätten gerade einer Vergemeinschaftung der Haftung für Pleitebanken oder Spareinlagen zugestimmt. Das gilt zum anderen aber auch für das Euro-Rettungsmanagement. Die Tranche für Griechenland ist so bemessen, dass das Geld eigentlich bis in den Oktober hinein reicht. In Portugal wiederum wird die Troika ohnehin erst im September die Lage prüfen. Bis Oktober dürfte sich das Land deshalb finanziell über Wasser halten – mindestens. Spanien wiederum hat für seine Banken weniger Geld benötigt, als dafür bis Jahresende abrufbar sind, nämlich knapp 42 Mrd. der insgesamt 100 Mrd. Euro. Insofern ist auch in diesem Falle “Material vorhanden”, um etwaige Lücken zu schließen.Insofern könnten Europas Minister, Staatssekretäre, Notenbanker und Kommissionsbeamte eigentlich ganz entspannt in die – diesmal ausgesprochen langen – Ferien abhauen. Doch dem perfekten Sommer-Chill am Badestrand steht die begründete Sorge entgegen, dass es sich nur um die Ruhe vor dem Sturm handelt. Viele Rettungsmanager rechnen mit einer Eskalation der Staatsschuldenkrise im Herbst. Dann nämlich dürfte deutlich werden, dass Griechenland mit seinen Reformen eklatant hinterherhinkt, Portugals Regierungskrise den Aufschwung noch weiter hinausgeschoben hat, es bei Zyperns Bankensanierung klemmt und Sloweniens Großbanken ihre Probleme doch nicht mehr rechtzeitig vor der Bilanzprüfung der Europäischen Zentralbank in den Griff bekommen. Und wenn dann noch Italien ins Straucheln geraten oder das Vertrauen in Frankreichs Wirtschaftskraft leiden sollte, könnte es in der Tat abermals einen heißen Herbst geben. Insofern ist es vielleicht gar nicht so schlecht, dass die Rettungsprofis jetzt erst einmal länger Zeit haben, um Kraft aufzutanken. Gut möglich, dass sie schon bald wieder ganze Wochenenden in Sitzungssälen verbringen. ——–Eigentlich könnten die Euro-Rettungsmanager ganz entspannt sein, wäre da nicht die Sorge vor einem heißen Herbst.——-