Experten setzen auf EZB

Prognostiker erwarten für 2020 1,9 Prozent Inflation - Debatte über Kurs

Experten setzen auf EZB

EZB-Präsident Mario Draghi hat Erwartungen an eine weitere geldpolitische Lockerung enorm befeuert. Hintergrund ist die Sorge, auf Dauer das Inflationsziel zu verpassen. Professionelle Experten aber vertrauen der EZB.ms Frankfurt – Die von der Europäischen Zentralbank (EZB) regelmäßig befragten Fachleute aus Finanz- und nichtfinanziellen Instituten im Euroraum gehen weiterhin davon aus, dass die EZB auf längere Sicht ihr Inflationsziel von knapp unter 2 % erreichen wird. Auf Sicht von fünf Jahren erwarten die Experten wie bereis bei der Juli-Umfrage 1,9 % Inflation, wie aus der am Freitag veröffentlichten neuen Vierteljahresumfrage der EZB hervorgeht. Sie setzen dabei auf einen anhaltenden Aufschwung und die EZB-Politik.Mit Blick auf die kürzere Frist allerdings haben sie ihre Inflationsprognosen erneut nach unten revidiert – teils deutlich. Für 2016 erwarten sie nun im Mittel 1,0 % statt 1,3 %, wie noch im Juli. Für 2017 lautet die Prognose 1,5 % statt zuvor 1,6 %. Die Kerninflation werde moderat, aber sukzessive steigen, so die Experten.Für die Euro-Währungshüter bietet die neue Umfrage damit Licht und Schatten. Die nach unten revidierten kurzfristigeren Prognosen dürften Sorgen um den Inflationstrend schüren. Andererseits ist die Stabilität bei den langfristigen Erwartungen eine positive Nachricht. Vor allem diese spielen für die EZB eine zentrale Rolle. Das gilt generell, aber insbesondere aktuell, da die tatsächliche Inflation weit unterhalb des Zielwerts liegt und es teilweise sogar Deflationssorgen gibt.Die Bedeutung der längerfristigen Inflationserwartungen ergibt sich zum einen daraus, dass diese über Preis- und Lohnverhandlungen Einfluss auf die tatsächliche Inflation in der Zukunft haben. Zum anderen gelten sie als Gradmesser der Glaubwürdigkeit einer Zentralbank. Die EZB strebt mittelfristig knapp 2 % an. Im September war die Rate sogar wieder unter null, auf – 0,1 % abgesackt.Nach der Sitzung der Euro-Hüter am Donnerstag hatte EZB-Präsident Mario Draghi überraschend deutlich eine weitere geldpolitische Lockerung in Aussicht gestellt – und zwar schon bei der Sitzung Anfang Dezember. Hintergrund ist insbesondere die Sorge im EZB-Rat, dass das Wirtschaftswachstum nicht so zulegt wie gedacht und auch die Inflation langsamer anzieht als erhofft.Die neue Umfrage unter den Experten dürfte insbesondere die Sorgen der Euro-Hüter um den Inflationsanstieg schüren. Sie nährt jedenfalls Erwartungen, dass auch die EZB-Volkswirte bei der Sitzung Anfang Dezember ihre Prognosen für die Teuerung nach unten anpassen müssen. Anfang September hatten sie für 2017 noch 1,7 % vorausgesagt. Eine Abwärtsrevision dieses Werts könnte den EZB-Rat endgültig in eine weitere Lockerung treiben.Im Raum steht dann insbesondere eine Ausweitung des Anleihekaufprogramms (Quantitative Easing, QE). Draghi hat aber zur Überraschung vieler Beobachter auch wieder eine mögliche weitere Senkung des Einlagezinses ins Spiel gebracht (vgl. BZ vom 23. Oktober).Was die Erwartungen an das Wirtschaftswachstum betrifft, sind die Prognosen der von der EZB befragten Fachleute nahezu unverändert geblieben. Für das laufende Jahr nahmen sie sie sogar von 1,4 % auf 1,5 % hinauf, für 2016 dafür leicht herunter (siehe Grafik). Nicht zuletzt dieser recht robuste Wirtschaftsausblick gilt jenen im EZB-Rat als Argument, die bislang oder generell nicht davon überzeugt sind, dass die EZB schon wieder nachlegen soll. Dazu gehört unter anderen Bundesbankpräsident Jens Weidmann.