Experten stützen Konjunkturoptimismus der EZB

Fachleute halten Aufschwung für intakt - Ringen um Reinvestitionen - Späterer Zinsschritt erwartet

Experten stützen Konjunkturoptimismus der EZB

ms Frankfurt – Die von der EZB regelmäßig befragten Wirtschaftsexperten im Euroraum haben ihre Erwartungen an das Wachstum der Euro-Wirtschaft in den kommenden Jahren etwas heruntergeschraubt – gehen aber weiter von einem anhaltenden Aufschwung aus. Laut dem am Freitag veröffentlichten Survey of Professional Forecasters prognostizieren die Fachleute für 2018 und 2019 2,0 % und 1,8 % Wachstum – statt zuvor 2,2 % und 1,9 % (siehe Grafik). Für 2020 gehen sie weiterhin von 1,6 % aus. Auf Inflationsseite erwarten sie von 2018 bis 2020 jeweils Raten von 1,7 %.Die Experten teilen damit im Grunde den Optimismus der Europäischen Zentralbank (EZB). Der EZB-Rat hatte nach seiner Sitzung am Donnerstag klargemacht, dass der Aufschwung trotz einer etwas geringeren Wirtschaftsdynamik weiterhin intakt sei. Der Rat hatte deshalb seine Absicht untermauert, die umstrittenen Anleihekäufe (Quantitative Easing, QE) zum Jahresende einzustellen. Die Leitzinsen sollen aber noch lange nicht erhöht werden.Die leichte Abschwächung der Euro-Wirtschaft und zunehmende Risiken hatten zeitweise Spekulationen aufkommen lassen, die EZB könne noch vorsichtiger agieren. Der globale Handelsstreit, die schleppenden Brexit-Verhandlungen oder auch der Defizitstreit zwischen Italien und der EU schüren Ängste vor einer stärkeren Konjunkturabkühlung.Die von der EZB befragten Experten aber teilen solche Sorgen bislang nicht. Die Prognosekorrekturen sind vergleichsweise gering. Vor allem aber liegen auch die neuen Erwartungen oberhalb dessen, was gemeinhin als Potenzialrate der Euro-Wirtschaft angesehen wird. Das spricht für eine weiter anziehende Kapazitätsauslastung und damit für steigenden Preisdruck.Genau wie die EZB-Volkswirte aktuell sagen die Experten für die Jahre bis 2020 Inflationsraten von jeweils 1,7 % voraus. EZB-Präsident Mario Draghi hatte unlängst erklärt, das sei in Einklang mit dem EZB-Inflationsziel von mittelfristig unter, aber nahe 2 %. Nach jüngsten Enttäuschungen bei der Kerninflation (ohne Energie und Lebensmittel) gelten die EZB-Erwartungen einigen Beobachtern als zu optimistisch.Bei der Sitzung des EZB-Rats am 13. Dezember werden die Notenbankvolkswirte neue Prognosen vorlegen. Diese dürften dann auch großen Einfluss auf den weiteren Kurs haben. Der EZB-Rat steht dann vor zentralen Entscheidungen. Zum einen muss das QE-Ende zum Jahresende formal beschlossen werden. Die Hürde dafür, dass das nicht passiert, liegt aber sehr hoch. Zum anderen muss der EZB-Rat über seine Strategie für die Reinvestitionen entscheiden. Auch nach dem Ende der Nettokäufe will die EZB Gelder aus auslaufenden QE-Papieren wieder anlegen. Allein in den ersten neun Monaten 2019 beläuft sich das Reinvestitionsvolumen auf knapp 190 Mrd. Euro. In Notenbankkreisen wird um viele Details intensiv gerungen. Zu klären ist etwa, ob fällig werdende Gelder nur in dem entsprechenden Land und Sektor reinvestiert werden können oder ob es mehr Flexibilität gibt. Eine intensiv diskutierte und naheliegende Option ist dagegen, den Zeitraum für Wiederanlagen von aktuell drei Monaten ein wenig zu verlängern.An den Finanzmärkten wird derweil inzwischen mit einer späteren ersten Zinserhöhung der EZB gerechnet. Am Geldmarkt signalisierten die Terminkontrakte am Freitag, dass Geldmarktakteure erst für den Dezember 2019 fest mit einer Erhöhung des Einlagensatzes von aktuell -0,4 % rechnen. Noch am Montag galt es als sicher, dass die Währungshüter im Oktober 2019 ihre erste Zinsanhebung beschließen werden.