EZB darf Herausgabe von Studien verweigern
Von Stephan Lorz, FrankfurtDie Europäische Zentralbank (EZB) hat der Presse den Zugang zu einschlägigen Dokumenten über die wirtschaftlichen Lage in Griechenland im Jahr 2010 zu Recht verweigert. Das hat das EU-Gericht am Donnerstag entschieden (AZ T-590/10). Geklagt hatte die Presseagentur Bloomberg. Eine Journalistin hatte die Herausgabe zweier ihr bekannt gewordener Dokumente verlangt. Das eine enthält Annahmen und Standpunkte von EZB-Mitarbeitern zu den Auswirkungen der außerbörslichen Swap-Geschäfte Athens und deren Wirkung auf das öffentliche Defizit sowie den Schuldenstand. Das andere klärt in diesem Zusammenhang über die Finanzstruktur der von der griechischen Notenbank gegründeten Zweckgesellschaft “Titlos plc” auf. Die EZB verweigerte die Herausgabe der Dokumente mit dem Hinweis auf den Schutz des öffentlichen Interesses im Hinblick auf die Wirtschaftspolitik der EU und Griechenlands. Das Gericht schloss sich dieser Argumentation an und wies die Bloomberg-Klage zurück – ließ aber eine Berufung beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu.Die Europarichter stellen in ihrem Urteil zwar klar, dass grundsätzlich “jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedsstaat ein Recht auf Zugang zu Dokumenten der Europäischen Zentralbank” haben. Allerdings müsse die Notenbank die Herausgabe verweigern, “wenn durch deren Verbreitung der Schutz des öffentlichen Interesses beeinträchtigt würde”.Darauf hatte sich die EZB berufen. Eine Veröffentlichung der beiden gewünschten Studien aus dem März 2010 hätte im August für massive Verunsicherung und sogar eine Irreführung von Öffentlichkeit und Finanzmärkten sorgen können, heißt es. Auch hätten die Informationen darin “vor dem Hintergrund stark verunsicherter Märkte das ordnungsgemäße Funktionieren der Finanzmärkte beeinträchtigen können”.Die Richter folgten dieser Argumentation und engen die Informationspflicht noch weiter ein. Sie unterstellen, dass selbst Fachleute bei einer Beurteilung der Dokumente womöglich die falschen Schlüsse gezogen und die Märkte in Unruhe versetzt hätten. Auch bei Finanzmarktakteuren, die es gewohnt seien, mit dieser Art von Dokumenten zu arbeiten, könne “nicht vernünftigerweise ausgeschlossen werden”, dass die Annahmen und Standpunkte in den Dokumenten vom März 2010 “als noch gültig angesehen worden wären”, heißt es. Ein solcher Irrtum “hätte sich negativ auf den Zugang – insbesondere Griechenlands – zu den Finanzmärkten auswirken und damit die wirksame Steuerung der Wirtschaftspolitik Griechenlands und der Union beeinträchtigen können”.