EZB ist guter Dinge für Euroland

Notenbank sieht auf absehbare Zeit Wachstum oberhalb der Potenzialrate

EZB ist guter Dinge für Euroland

ms Frankfurt – Das Wirtschaftswachstum in der Eurozone wird auch in den kommenden Jahren höher ausfallen als das sogenannte Potenzialwachstum der Euro-Wirtschaft – was zu zunehmenden Angebotsengpässen und zu einem graduellen Anstieg der Löhne und der Inflation führen sollte. Zu diesem Ergebnis kommt die Europäische Zentralbank (EZB) in einem gestern vorab veröffentlichten Aufsatz aus ihrem neuen Wirtschaftsbericht, der am Donnerstag in Gänze publiziert wird.In dem Bericht gibt die EZB die Potenzialrate unter Verweis auf Schätzungen internationaler Institutionen und eigener Berechnungen mit knapp 1,5 % an. Diese Rate werde in den nächsten nahezu stabil bleiben, heißt es. Aktuell prognostizieren die EZB-Volkswirte das Wachstum im laufenden Jahr auf 2,0 %, 2019 auf 1,8 % und 2020 auf 1,7 %. Im Dezember könnte es leichte Abwärtsrevisionen geben, die aber nach jüngsten Aussagen führender Notenbanker das fundamentale Bild nicht wesentlich verändern werden. Steigender InflationsdruckDie Analyse dürfte die Euro-Hüter nun in ihrer Absicht bestärken, die umstrittenen Anleihekäufe (Quantitative Easing, QE) zum Jahresende auslaufen zu lassen – trotz der Abschwächung der Euro-Konjunktur seit Jahresbeginn. Die Euro-Hüter signalisieren seit dem Sommer ein Aus der QE-Nettokäufe zum Jahresende. Zuletzt hatte es aber eine Reihe teils sehr enttäuschender Konjunkturdaten gegeben. Zudem haben die Risiken zugenommen, etwa durch die globalen Handelsstreitigkeiten und die politische Lage in Italien.Der Beitrag untermauert aber jetzt die Einschätzung, dass die Euro-Wirtschaft trotz Abkühlung weiter so stark wachsen wird, dass die Potenzialrate überschritten wird. Diese Rate wird gemeinhin definiert als das höchste Niveau der Wirtschaftstätigkeit, das durch die verfügbaren Technologien und Produktionsfaktoren aufrechterhalten werden kann, ohne inflationären Druck zu erzeugen. Übersteigt das Wachstum die Potenzialrate, nimmt die Auslastung der Wirtschaft zu. Das führt tendenziell zu steigenden Löhnen und Preisen – und mithin zu höherer Inflation.In ihrer Analyse kommen die EZB-Volkswirte zu dem Schluss, dass das Potenzialwachstum der Eurozone bereits vor der Weltfinanzkrise kontinuierlich abgenommen und sich dieser Rückgang dann in der Krise deutlich verschärft habe – auf eine Rate zeitweise unter 1 % (siehe Grafik). In den vergangenen Jahre habe sie dann aber wieder zugelegt, dank einer Zunahme der Erwerbsbevölkerung, des Rückgangs der Arbeitslosigkeit und stärkerer Produktivitätssteigerungen – auf aktuell knapp 1,5 %. Die EZB räumt aber ein, dass solche Schätzungen mit großer Unsicherheit verbunden sind.Dennoch sind die Experten für die Zukunft zuversichtlich: “Prognosen der internationalen Institutionen deuten darauf hin, dass das tatsächliche BIP-Wachstum im Eurogebiet auch in naher Zukunft das Potenzialwachstum übertreffen wird”, heißt es in dem Bericht. “Daher dürften die Angebotsengpässe in Zukunft immer verbindlicher werden, was zu einer allmählichen Stärkung der Inflation im Euroraum führen würde.”Die Euro-Inflation lag zuletzt im Oktober bei geschätzt 2,2 % und damit den fünften Monat in Folge oberhalb des EZB-Ziels von mittelfristig unter, aber nahe 2 %. Das ist aber stark getrieben vom Ölpreis. Die Euro-Hüter wollen sicherstellen, dass das 2-Prozent-Ziel auch nachhaltig erreicht wird. Nach der Weltfinanz- und der Euro-Schuldenkrise hatte die Teuerung lange Zeit unterhalb der Zielmarke und teils sogar unter 0 % gelegen. QE-Käufe voll im SollIn einem ersten Schritt Richtung QE-Ende haben die Euro-Hüter das monatliche Kaufvolumen ab Oktober bereits von zuvor 30 Mrd. Euro auf 15 Mrd. Euro halbiert. Dieses Ziel wurde im abgelaufenen Monat exakt erreicht, wie die EZB gestern mitteilte. Von den 15 Mrd. Euro entfielen knapp 9,9 Mrd. Euro auf Staats- und öffentliche Anleihen. Das entspricht einem Anteil von gut 66,1 %.