EZB-Präsident verteidigt neue Wege der Geldpolitik

Draghi: Alte Paradigmen helfen nicht bei Umbrüchen

EZB-Präsident verteidigt neue Wege der Geldpolitik

ms Frankfurt – Wenn es zu fundamentalen Umbrüchen in der Welt kommt, müssen nach Auffassung von EZB-Präsident Mario Draghi die Zentralbanken die neue Lage völlig offen und unvoreingenommen betrachten und die Geldpolitik notfalls entsprechend anpassen. Genau das sei vor zehn Jahren, als die Weltfinanzkrise ausbrach, geschehen, sagte Draghi gestern zum Auftakt des Nobelpreisträgertreffens in Lindau. Die unkonventionellen Maßnahmen der Geldpolitik, zu denen breite Anleihekäufe gehören, hätten mit dazu beigetragen, die Welt widerstandsfähiger zu machen, sagte Draghi.”Wenn sich die Welt verändert, wie sie es vor zehn Jahren getan hat, müssen die Politiken und insbesondere die Geldpolitik angepasst werden”, sagte Draghi – auch wenn das nicht einfach sei. Das erfordere “eine unvoreingenommene, ehrliche Einschätzung der neuen Realitäten mit klaren Augen, frei von der Verteidigung früherer Paradigmen, die jegliche Erklärungskraft verloren haben”, mahnte der Notenbanker.Mit seinen Aussagen stellt sich Draghi nicht zuletzt gegen seine vielen Kritiker in Deutschland, die der Europäischen Zentralbank (EZB) vorhalten, sie habe im Kampf gegen die Folgen der Weltfinanz- und der Euro-Krise jegliches Maß verloren und Tabus wie den Kauf von Staatsanleihen gebrochen.Zugleich heizt Draghi die Debatte über die Zukunft der Geldpolitik und eine “neue Normalität” an (vgl. BZ vom 23. August). Diese Diskussion dürfte auch das heute beginnende Treffen der Zentralbankerelite in Jackson Hole prägen. Draghi mahnte, sich der Lücken im makroökonomischen Denken stets gewiss zu sein.Wenngleich die Maßnahmen von Zentralbanken, Regulierern und Aufsehern die Welt robuster gemacht hätten, sei es nötig, sich für künftige Krisen zu wappen, sagte Draghi: “Wir sollten uns weiter auf neue Herausforderungen vorbereiten.” Die Zentralbanken sind laut Draghi selbst dann nicht machtlos, wenn sie ihre Leitzinsen bereits auf Rekordtiefstände gesenkt haben. Sollten sie gewillt sein, unkonventionelle Wege einzuschlagen, “dann können sie selbst unter den widrigsten Umständen weiterhin ihre Mandate für Preisstabilität verfolgen”, sagte er.