EZB sieht Euro-Inflation auch 2019 unter Soll

Notenbankvolkswirte prognostizieren 1,7 Prozent - Draghi: "Nicht wirklich" im Einklang mit 2-Prozent-Ziel

EZB sieht Euro-Inflation auch 2019 unter Soll

ms Frankfurt – Die Wirtschaft im Euroraum wird nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) in den kommenden Jahren auf Erholungskurs bleiben – und in der Folge wird demnach auch die Inflation weiter anziehen. Das ergibt sich aus den gestern veröffentlichten neuen Projektionen der Volkswirte des Eurosystems, das die EZB und die nationalen Zentralbanken bilden.Nach jeweils 1,7 % Wachstum im laufenden und im nächsten Jahr prognostizieren die Ökonomen für 2018 und 2019 ein Plus von je 1,6 % (siehe Grafik). Für die Inflation sagen sie einen anhaltenden Aufwärtstrend voraus – von 0,2 % in diesem bis auf 1,7 % im Jahr 2019.Insbesondere die erstmaligen Projektionen für das Jahr 2019 waren mit Spannung erwartet worden, weil der geldpolitische Horizont auf die mittlere Frist ausgerichtet ist. Zudem hatten zuletzt Sorgen zugenommen, der jüngste Aufwärtstrend könne durch Risiken wie den anstehenden Brexit, den Machtwechsel in den USA oder politische Turbulenzen in der Eurozone, vor allem in Italien, schweren Schaden nehmen.Solchen Befürchtungen tritt die EZB mit ihren Prognosen ebenso entgegen wie EZB-Präsident Mario Draghi mit seinen Aussagen nach der gestrigen Zinssitzung des EZB-Rats. Er betonte, die Erwartung der Notenbanker sei, dass sich der moderate Aufschwung fortsetzt und mit der Zeit verstärkt.Mit Blick auf die Inflation hatte Draghi bereits vor der gestrigen Sitzung betont, dass eine Rückkehr zu dem 2-%-Ziel “2018/2019” zu erwarten sei. Den Euro-Hütern ist aber wichtig, dass es eine nachhaltige Rückkehr gibt und keine, die allein auf Einmaleffekten beruht. Der jüngste Anstieg der Teuerungsrate von – 0,2 % im April auf 0,6 % im November ist primär eine Folge von Basiseffekten, da der vormalige starke Preisverfall beim Öl zunehmend aus den Statistiken herausfällt.Auf die Frage, ob die für 2019 prognostizierten 1,7 % im Einklang mit dem EZB-Ziel von “unter, aber nahe 2 %” seien, antwortete Draghi: “Nicht wirklich.” Die EZB lässt offen, was “unter, aber nahe” genau bedeutet, und im EZB-Rat scheint es teils sehr unterschiedliche Interpretationen zu geben. Bundesbankpräsident Jens Weidmann hatte etwa erst Mitte November gesagt, dass die damals aktuelle Projektion der EZB-Volkswirte von 1,6 % Inflation im Jahr 2018 durchaus “mehr oder weniger” im Einklang mit der EZB-Definition von Preisstabilität stehe. Auch andere Notenbanker dürften 1,7 % als kompatibel mit dem 2-%-Ziel bewerten. Volkswirte: Zu optimistischGegenüber den September-Projektionen sind die neuen Prognosen für die Inflation nahezu unverändert. Eine Reihe Volkswirte hält die Einschätzungen der EZB aber für zu optimistisch, insbesondere jene für die Kerninflation ohne Energie und Lebensmittel. Diese gilt als besserer Gradmesser für den inländischen Preisdruck, und zuletzt hatte die Kernrate mehrfach bei 0,8 % verharrt – was die Euro-Hüter sorgt.Die EZB-Volkswirte schraubten nun zwar ihre Erwartung erneut zurück – für 2017 von zuvor 1,3 % auf 1,1 % und für 2018 von 1,5 % auf 1,4 %. Das liegt aber immer noch deutlich oberhalb dessen, was viele Ökonomen für wahrscheinlich halten – zumal angesichts des schwachen Lohndrucks. Für 2019 sehen die EZB-Volkswirte die Kernrate sogar wieder bei 1,7 %.