EZB sieht in Zollstreit Gefahr für die Finanzstabilität

Bei globalem Handelskrieg drohen starke Finanzmarktkorrekturen - USA-China-Treffen im Visier

EZB sieht in Zollstreit Gefahr für die Finanzstabilität

ms Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) warnt vor starken Korrekturen an den internationalen Finanzmärkten und großen Gefahren für die weltweite Finanzstabilität, falls die aktuellen globalen Handelsstreitigkeiten in einen regelrechten Handelskrieg münden. “Eine Eskalation der Handelsspannungen könnte eine globale Neubewertung der Vermögensmärkte auslösen”, heißt es in einer gestern vorab veröffentlichten Analyse aus dem neuen, halbjährlichen EZB-Finanzstabilitätsbericht, der am Donnerstag in Gänze veröffentlicht wird. Fallende AktienkurseEine Zuspitzung zu einem weltweiten Handelskrieg alle gegen alle könne demnach zu einem erheblichen Anstieg der Risikoprämien an den Finanzmärkten führen und zu stark fallenden Aktien- und Vermögenspreisen. Das gelte nicht zuletzt auch für den Währungsraum, so die Analyse. In der Eurozone würden die Aktienkurse laut EZB-Schätzung um 15 % fallen und sich die Spreads für Unternehmensanleihen im ersten Jahr um 150 Basispunkte erhöhen.Mit ihrer Analyse verstärkt die EZB ihre Warnung vor einem globalen Handelskrieg und untermauert sie mit einem zusätzlichen Argument. Bislang richtet sich der Fokus in den Diskussionen um die Zollstreitigkeiten vor allem zwischen den USA und China primär auf die wirtschaftlichen Folgen. Die Implikationen für die Finanzstabilität generell und für die Vermögenspreise im Besonderen ist dagegen bislang weniger beleuchtet worden. Unlängst hatte indes auch der Kapitalmarktchef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Tobias Adrian, im Interview der Börsen-Zeitung gewarnt, dass es zu weiteren Korrekturen an den Finanzmärkten kommen könne und dabei explizit auf die Handelskonflikte verwiesen (vgl. BZ vom 9. November).Die Warnung der EZB kommt nun unmittelbar vor dem Gipfel der G 20-Staats- und Regierungschefs am Freitag und Samstag in Buenos Aires. Bei der Zusammenkunft soll es auch ein Spitzentreffen zwischen US-Präsident Donald Trump und Chinas Staatspräsident Xi Jinping geben. Das wird mit großer Spannung erwartet – vor allem mit Blick darauf, ob sich der Handelsstreit der beiden größten Volkswirtschaften der Welt entspannt oder weiter verschärft.In ihrer nun vorgelegten Analyse kommen die EZB-Experten zu dem Ergebnis, dass die bisher umgesetzten protektionistischen Maßnahmen weltweit “kein unmittelbares Risiko für die globale Finanzstabilität” darstellten. Der Anteil der von neuen Zöllen betroffenen Waren am Welthandelsvolumen sei relativ gering. Der Handelsstreit sei zudem bislang weitgehend ein bilateraler Konflikt zwischen den USA und China, der nur in einigen Marktsegmenten zu Reaktionen geführt habe – wenn dort auch zu teils deutlichen. Entsprechend seien auch die Preise für Vermögenswerte im Euro-Währungsgebiet daher nicht unmittelbar Gefahren ausgesetzt, wenn es bei einem bilateralen Handelskonflikt zwischen den USA und China bleibt.Das Bild ändert sich nach Einschätzung der EZB-Experten aber, wenn es zu einem regelrechten Handelskrieg komme. Dann seien “starke Finanzmarktkorrekturen” wahrscheinlich. Wenn dies eintreten sollte, könnten laut EZB zudem Faktoren wie die finanzielle Belastung in den Schwellenländern als Verstärker wirken. Dann könne das Vertrauen an den Märkten leiden, mit der Folge sinkender Vermögenspreise und strafferer Finanzierungsbedingungen rund um den Globus. In diesem Szenario würden die US-Aktienkurse um rund 10 % fallen und die Spreads für Unternehmensanleihen im ersten Jahr um bis zu 100 Basispunkte klettern. Im Euroraum wären die Folgen sogar noch größer. Vertrauen leidetGenerell unterscheiden die EZB-Experten zwischen direkten Auswirkungen wie höheren Kosten für Unternehmen, niedrigeren Unternehmensgewinnen und einem höheren Kreditrisiko, und indirekten Folgen, etwa durch eine höhere Unsicherheit und negative Effekten auf das Vertrauen internationaler Investoren.