EZB spielt Renditeanstieg herunter

Coeuré: Finanzierungsbedingungen weiter sehr günstig - Debatte über Exit

EZB spielt Renditeanstieg herunter

ms Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) hat sich recht unbeeindruckt gezeigt von dem kräftigen Anstieg der langfristigen Renditen im Euroraum in den vergangenen Wochen und Monaten. Dieser Anstieg habe den geldpolitischen Kurs der EZB nicht beeinträchtigt, sagte Direktoriumsmitglied Benoît Coeuré am Dienstagabend beim Jahrestreffen der EZB-Kontaktgruppe für die Anleihemärkte: “Die gegenwärtigen Finanzierungsbedingungen sind weiterhin äußerst unterstützend für die anhaltende Erholung.”Coeuré betonte, dass der Anstieg zunehmend auf bessere Wachstumseinschätzungen zurückgehe und darauf, dass Marktteilnehmer das Risiko einer Deflation im Euroraum immer mehr ausgepreist hätten: “Das ist für sich genommen sicher eine gute Nachricht.” Ein dritter Faktor seien schließlich Unsicherheiten von außerhalb des Euroraums. Die EZB wolle Marktbewegungen nicht überinterpretieren und eine gewisse Volatilität sei “normal und gesund” für das Funktionieren des Markts.Mit seinen Aussagen stellt sich Coeuré gegen Spekulationen, der Renditeanstieg sorge die EZB und könne somit Folgen für die Debatte über eine mögliche geldpolitische Wende haben. Seit September haben die Renditen deutlich zugelegt. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe etwa ist in der Zeit um rund 60 Basispunkte geklettert.In den vergangenen Wochen hat auch unter Notenbankern die Diskussion darüber zugenommen, ob der Zeitpunkt für einen Einstieg in den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik gekommen ist. Nicht zuletzt Bundesbankpräsident Jens Weidmann drängt in diese Richtung.Hintergrund ist zum einen eine bessere Wirtschaftslage. Im ersten Quartal ist die Euro-Wirtschaft um 0,5 % gewachsen. Zum anderen hat die Inflation angezogen. Im April lag sie bei 1,9 %, wie Eurostat gestern bestätigte. Die EZB strebt mittelfristig “unter, aber nahe 2 %” an. In den nächsten Monaten dürfte die Teuerung wieder etwas nachgeben und die Unterschiede im Euroraum sind immens (siehe Grafik). Deflationsrisiken, die als Rechtfertigung vor allem für die Wertpapierkäufe (Quantitative Easing, QE) galten, scheinen sich aber endgültig erledigt zu haben.Mit großer Spannung wird nun die nächste Zinssitzung am 8. Juni erwartet. Die EZB könnte dann womöglich die Risiken für das Wachstum als “ausgeglichen” bezeichnen, während sie derzeit noch die Abwärtsrisiken dominieren sieht. Die Frage ist dann, ob der EZB-Rat dann auch gleich seine Bereitschaft fallen lässt, die Zinsen weiter zu senken oder QE aufzustocken (“Easing Bias”). Für den Herbst, womöglich im September, wenn es auch neue Projektionen gibt, haben eine Reihe EZB-Granden schließlich wichtige Weichenstellungen für 2018 in Aussicht gestellt. Entscheidend wird dann sein, wie sich nicht zuletzt die Kerninflation (ohne Energie und Lebensmittel) entwickelt hat. Ein abruptes Ende von QE hat die EZB bereits ausgeschlossen. Die Frage ist eher, ob und wenn ja wie sie die Käufe von aktuell 60 Mrd. Euro monatlich zurückfährt.