EZB zur Exit-Debatte aufgefordert

Sachverständigenrat warnt vor Beibehaltung des aktuellen Geldpolitikkurses

EZB zur Exit-Debatte aufgefordert

lz Frankfurt – Angesichts der gut laufenden Konjunktur in Deutschland und dem Euroraum sowie der anziehenden Inflation fordern die Wirtschaftsweisen die EZB zum Exit aus den Anleihekäufen und den Negativzinsen auf. Die Risiken für die Finanzstabilität nähmen zu, warnte Christoph Schmidt, Vorsitzender dieses Gremiums am Montag in Frankfurt: “Die EZB sollte die Beendigung des Aufkaufprogramms so bald wie möglich einleiten.”Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (“Wirtschaftsweise”) rechnet im laufenden Jahr mit einem Wachstumsplus in Deutschland von 1,7 %. Zuletzt war das Gremium noch von 1,6 % ausgegangen. Für die Eurozone erwarten sie ein Wachstum von 1,7 %. Angesichts des hierzulande bereits ausgeschöpften Produktionspotenzials gehen sie für 2017 davon aus, dass in Deutschland das EZB-Inflationsziel von 2 % überschritten wird. Der Euroraum wird danach knapp darunter liegen.Auch die Deutsche Bundesbank sieht die deutsche Wirtschaft in ihrem aktuellen Monatsbericht “weiterhin auf Wachstumskurs”. Die Industrie sei mittlerweile ein “wesentlicher Träger” der Dynamik. Der unerwartet starke Einbruch der Industrieaufträge zum Jahresauftakt stellt nach ihrer Einschätzung “keinen Anlass zur Sorge dar”.Während EZB-Präsident Mario Draghi und seine Ratskollegen die Anleihekäufe trotz erstarkten Wachstums und höherer Teuerung bis mindestens Ende 2017 fortsetzen wollen und jede Exit-Diskussion im Keime ersticken wollen, plädieren die Wirtschaftsweisen für eine sofortige Ausstiegsdebatte. Die Argumentation der EZB, noch abwarten zu wollen, weil die Teuerung vor allem durch die Energiepreisentwicklung getrieben sei, kritisieren sie scharf. Bei der energiepreisgetriebenen Dämpfung der Inflation, moniert der Wirtschaftsweise Volker Wieland, habe sich die EZB sehr wohl zum Handeln aufgefordert gefühlt. Das müsse jetzt auch im umgekehrten Fall gelten, forderte er.Nach Ansicht der Wirtschaftsweisen birgt das Festhalten an der ultralockeren Geldpolitik enorme Risiken. Der Ausstieg werde zum einen immer schwieriger, warnte die Ökonomin Isabel Schnabel. Zum anderen bauten sich immer neue Risiken auf, Schnabel nannte die Margenkompression, die wachsenden Zinsänderungsrisiken und immer deutlicher sichtbar werdende Vermögenspreisblasen. Die EZB werde zur “Gefangenen ihrer eigenen Politik”, wenn sie die Abkehr von ihrer ultralockeren Politik nicht rechtzeitig einleite.Wieland zufolge sollte der EZB-Exit zunächst die Anleihekäufe umfassen und erst dann Zinserhöhungen. EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny hatte die Reihenfolge bei der geldpolitischen Wende jüngst offengelassen. Wieland und Schnabel halten einen Stopp der Anleihekäufe für vordringlich, weil dieser vor allem auf die langfristigen Zinsen einwirke.