Falsch gedacht
Die Hoffnung war groß, dass der Februar den langersehnten Wendepunkt in den weltweiten Handelskonflikten bringen würde: Die USA und China einigen sich und US-Präsident Donald Trump verzichtet darauf, Zölle auf Autoimporte zu erlassen. Falsch gedacht. Nun sieht es eher danach aus, dass sowohl der USA-China- als auch der USA-EU-Handelskonflikt in die nächste Runde geht – und die Dinge schlimmer werden, bevor sie besser werden. Bis zu einem Deal muss sich die Welt noch eine ganze Weile gedulden.Die schlechten Nachrichten zuerst: Im USA-China-Handelskonflikt wird es bis zum 2. März keine Einigung geben. Trumps Wunschliste ist einfach zu groß, als dass ein Kompromiss bis dahin gefunden werden kann. China wird sich zwar dazu bereit erklären, mehr US-Güter wie Sojabohnen oder Autos zu importieren. Doch bei strukturellen Angelegenheiten, wie Pekings forciertem Technologietransfer und staatlichen Subventionen für Unternehmen, bedarf es noch Verhandlungen.Grund dafür ist der Wettbewerb zweier Wirtschaftssysteme, der sehr stark an den Kalten Krieg erinnert – nur dass die aufstrebende Macht diesmal Teil eines integrierten, multipolaren Wirtschaftssystems ist. Sowohl die USA als auch China sehen ihr Modell als überlegen an. Um den Konflikt zu lösen, muss die richtige Balance zwischen Wettbewerb und Zusammenarbeit beider Systeme gefunden werden. Dazu braucht es aber mehr Zeit und mehr gemeinsame Schritte mit Amerikas Verbündeten. Auch den Europäern ist die Industriestrategie “Made in China 2025” ein Dorn im Auge. Die Länder sollten daher gemeinsam, im Rahmen des regelbasierten Handelssystems, den Druck auf China erhöhen, nachhaltige Reformen durchzuführen. Eine abermalige Fristverlängerung seitens der USA wird da nicht ausreichen.Trotzdem ist ein limitierter Deal nach Ablauf der Frist wahrscheinlich – einfach weil die Kosten eines langen Handelskrieges für beide Länder zu groß sind. Sollte Trump die Zölle auf die restlichen China-Importe doch noch von 10 % auf 25 % anheben, würde Peking wohl genügend Zugeständnisse machen, so dass ein vorläufiger Deal möglich wäre. Schließlich stehen 2020 Wahlen an und dann muss Trump zeigen, dass er sein Versprechen, bessere Terms of Trade für die USA zu erreichen, erfüllt hat. Außerdem schaden Chinas Vergeltungszölle auf Sojabohnen den US-Exporten und den Unternehmen vieler Trump-Wähler. In Anbetracht der schwierigen Verhandlungen wird solch ein Deal aber wohl erst Ende 2019 kommen.Im Handelskonflikt mit der EU könnten die Dinge ebenfalls schlimmer werden, bevor sie besser werden. Bis Sonntagnacht muss das US-Handelsministerium seinen Bericht zur Untersuchung der Autoimporte vorlegen. Trump hat dann 90 Tage Zeit, um eine Entscheidung zu treffen. Die Wahrscheinlichkeit, dass er Autozölle veranlassen wird, ist zuletzt wieder gestiegen. Seit dem Waffenstillstand im Juli vergangenen Jahres hat sich gezeigt, dass die Differenzen im USA-EU-Handelskonflikt größer sind als gedacht. Die EU will nur über Industriegüter verhandeln, die USA die Landwirtschaft einbeziehen. Dem wird Frankreich, insbesondere angesichts der aktuellen Gelbwesten-Proteste, sicherlich nicht zustimmen. Ein 25-Prozent-Zoll auf Autoimporte würde außerdem zu hohen Kosten für die EU führen. Ökonomen haben berechnet, dass dieser das Bruttoinlandsprodukt der Eurozone um 0,3 Prozentpunkte und das von Deutschland um 0,6 Prozentpunkte reduzieren würde. Das Euro-BIP würde dann 2019 nicht mehr 1,4 %, sondern 1,0 % betragen.Doch auch hier wird eine mögliche Gegenreaktion der Europäer die Länder wieder an den Verhandlungstisch bringen. Der Waren- und Dienstleistungshandel zwischen den USA und der EU ist der größte bilaterale Handelsstrom der Welt, noch vor dem zwischen den USA und China. Beide Seiten haben also viel zu verlieren. Und da die EU im Gegensatz zu China kein strategischer Rivale der USA ist, spricht viel dafür, dass es auch hier am Ende zu einem Deal kommt.Bis das passiert, sieht es allerdings düster aus für den Welthandel. Als wären die Handelskonflikte nicht genug, lastet auch noch die China-Schwäche und die Brexit-Unsicherheit auf den Unternehmen. Experten warnen bereits, dass 2019 schlechter ausfallen könnte als 2016. Damals wuchs der Welthandel nur mit 1,8 % Das letzte Jahr, das noch schlechter ausfiel, war 2009.—–Von Julia WacketAuch 2019 bleiben die Handelskonflikte die große Unbekannte. US-Präsident Donald Trump wird seine Deals bekommen – nur noch nicht jetzt.—–