Konjunktur

Fast ein Viertel mehr Insolvenzen

Die Konjunkturflaute zwingt immer mehr Unternehmen in die Knie: Fast ein Viertel mehr beantragte Regelinsolvenzen meldet das Statistische Bundesamt für Juli. Und auch wenn im ersten Halbjahr mehr Betriebe gegründet wurden – es wurden auch mehr aufgegeben als im Vorjahr.

Fast ein Viertel mehr Insolvenzen

Deutlich mehr Insolvenzen

Steigende Zahl der Betriebsaufgaben, aber auch der Neugründungen

Die Konjunkturflaute zwingt immer mehr Unternehmen in die Knie: Fast ein Viertel mehr beantragte Regelinsolvenzen meldet das Statistische Bundesamt für Juli. Und auch wenn im ersten Halbjahr mehr Betriebe gegründet wurden – es wurden auch mehr aufgegeben als im Vorjahr. Experten sehen dies noch gelassen.

ba Frankfurt

Wegen der schwächelnden Konjunktur und der anziehenden Finanzierungskonditionen geben immer mehr Unternehmen in Deutschland auf. So haben nicht nur erheblich mehr Betriebe Insolvenz angemeldet. Auch die Zahl der Gewerbeabmeldungen und vollständiger Gewerbeaufgaben hat zugelegt. Seit August vergangenen Jahres nimmt die Zahl der Unternehmensinsolvenzen kontinuierlich zu. Experten sehen darin aber weiter einen Nachholeffekt wegen der ausgelaufenen staatlichen Hilfen während der Coronajahre und noch nicht die lange befürchtete Insolvenzwelle. Zugleich werden aber auch mehr Unternehmen neu gegründet.

Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) hat die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen hierzulande im Juli um 23,8% im Vergleich zum Vorjahr zugelegt. Im Juni gab es noch ein Plus von 13,9%, im Mai von 3,1%. Allerdings werden die Verfahren erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in der Statistik berücksichtigt – der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags liegt Destatis zufolge in vielen Fällen annähernd drei Monate davor.

Mehr Fälle, mehr Forderungen

Die endgültigen Zahlen liegen derzeit für Mai vor: Die 1.478 von den deutschen Amtsgerichten gemeldeten beantragten Unternehmensinsolvenzen bedeuten einen Anstieg um 19,0% im Vorjahresvergleich. Im April hatten die Meldungen um 14,4% zugelegt. Auch die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger sind gestiegen: Die Amtsgerichte bezifferten diese Forderungen aus den im Februar gemeldeten Unternehmensinsolvenzen auf knapp 4 Mrd. Euro. Im Mai 2022 hatten die Forderungen bei knapp 2,2 Mrd. Euro gelegen. Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen gab hingegen im Jahresvergleich nach, und zwar um 3,7% auf 5.679.

„Trotz deutlichem Anstieg der Unternehmensinsolvenzen im Juli sehen wir nicht die vielfach erwähnte Insolvenzwelle“, erklärte Christoph Niering, Insolvenzverwalter und Vorsitzender des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID). Es handele sich um die Normalisierung des Insolvenzgeschehens, das „während der Coronajahre von staatlicher Seite deutlich beeinflusst und abgemildert“ worden sei. Eine Vielzahl der jetzt von Insolvenz betroffenen Unternehmen habe sich schon vor der Corona-Pandemie in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden. „Durch die Vielzahl staatlicher Hilfen während der Pandemie und des Ukraine-Kriegs wurde bei diesen Unternehmen der Eintritt in die Insolvenz nur aufgehalten. Jetzt sehen wir die Marktbereinigung, die mit einer Insolvenz einhergeht“, erklärte der VID-Vorsitzende. Aber: „Die Zahlen liegen noch unter den Werten des wirtschaftlich guten Jahres 2019.“

Bezogen auf 10.000 Unternehmen kam es laut Destatis im Mai zu insgesamt 4,4 Insolvenzen. Die meisten Insolvenzen je 10.000 Firmen entfielen wie auch in den vergangenen Monaten auf den Wirtschaftsabschnitt Verkehr und Lagerei mit 8,7 Fällen, gefolgt vom Bereich der sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen, zu dem etwa Zeitarbeitsfirmen zählen, mit 7,4 Fällen. Die geringste Insolvenzhäufigkeit mit nur 0,3 Fällen meldete Destatis erneut für den Bereich der Energieversorgung.

Deutlich mehr Größere schließen

Im ersten Halbjahr sind zwar Neugründungen von Gewerbebetrieben, Betriebsübernahmen, Umwandlungen und Zuzüge aus anderen Meldebezirken gestiegen, es gab aber auch mehr Betriebsaufgaben als im Vorjahr. Die Gewerbeanmeldungen legten um insgesamt 8,9% auf rund 381.200 zu. Darunter fallen auch Neugründungen, die um 10,2% auf rund 317.600 stiegen. Die kleinste Gruppe dabei stellen die Betriebsgründungen dar, deren Rechtsform und Beschäftigtenzahl auf eine größere wirtschaftliche Bedeutung schließen lassen. Hier meldet Destatis ein Plus von 0,1% auf rund 62.700. Bei den Betrieben dieser Größenordnung gaben aber 50.600 das Gewerbe vollständig auf – das sind 12,4% mehr als im Vorjahr. Die Gesamtzahl der vollständigen Gewerbeaufgaben lag mit rund 246.500 um 14,0% über dem Vorjahresniveau. Die Zahl der Gewerbeabmeldungen, zu denen neben den vollständigen Gewerbeaufgaben auch Betriebsübergaben, Umwandlungen oder Fortzüge in andere Meldebezirke zählen, stieg um 11,5% auf rund 306.600.

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