Finanzämter tauschen Steuerinformationen aus

EU-Minister verständigen sich über "tax rulings"

Finanzämter tauschen Steuerinformationen aus

fed Luxemburg – Für grenzüberschreitend tätige Konzerne in der EU wird es in Zukunft schwieriger, durch geschickte Verschiebung von Gewinnen zwischen Tochtergesellschaften und entsprechend günstige Absprachen mit nationalen Finanzbehörden ihre Steuerlast nahe null zu drücken. Die EU-Finanzminister haben sich nämlich auf einen automatischen Informationsaustausch über verbindliche Absprachen ihrer Finanzämter mit einzelnen Firmen verständigt. Diese Steuervorbescheide (“tax rulings”) waren im Zuge der Enthüllungen der Steuerpraktiken in Luxemburg (Lux Leaks) in Verruf geraten. Die EU-Kommission hat vier Wettbewerbsverfahren gegen Luxemburg, Belgien, die Niederlande und Irland eröffnet, um zu prüfen, ob individuelle Steuerdeals mit Apple, Amazon, Starbucks und Fiat Finance sowie 40 anderen Firmen unlautere Beihilfen darstellen. In Kürze wird mit dem Abschluss des ersten Verfahrens – wahrscheinlich des Falls “Apple” – gerechnet. “Bedeutsamer Schritt”Die Verpflichtung, halbjährlich alle Steuervorbescheide an die EU-Staaten zu melden, in denen der betroffene Konzern ebenfalls tätig ist, stellt nun die über den Einzelfall hinausgehende Reaktion der EU auf Lux Leaks dar. Mehrere Finanzminister bezeichneten die Verständigung als “bedeutsamen Schritt”. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble geht davon aus, dass die Zahl der missbräuchlichen Praktiken in erheblichem Umfang zurückgeht, “wenn man solche Absprachen nun transparent machen muss”. Im Vergleich zum ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission haben die nationalen Regierungen, die in Steuersachen ohne Beteiligung des EU-Parlaments entscheiden, die Vorgaben etwas abgeschwächt. So sollen von 2017 an nur die Steuervorbescheide der vorigen fünf (statt zehn) Jahre in den Austausch einbezogen werden. Auch gibt es Ausnahmen für Mittelständler mit weniger als 40 Mill. Euro Umsatz – wobei eine Sonderklausel verhindern soll, dass von Großkonzernen gesteuerte Briefkastenfirmen ebenfalls herausfallen. Zudem haben die Finanzminister die Rolle der EU-Kommission zusammengestutzt. Sie erhält die Daten nur anonymisiert, hat also zu wenig Anhaltspunkte, um auf Basis der Informationen weitere Wettbewerbsverfahren zu eröffnen. Das allerdings scheint, wie in Brüssel verlautet, der EU-Behörde gar nicht so unrecht zu sein. Denn sie hätte bislang ohnehin Probleme, die Datenflut beihilferechtlich auszuwerten.Bundesfinanzminister Schäuble ließ offen, ob die Minister nun auch noch den nächsten Schritt im Kampf gegen aggressive Steuervermeidung gehen und Unternehmen EU-weit zu länderspezifischer Berichterstattung verpflichten. “Darüber werden wir noch etwas diskutieren müssen”, sagte Schäuble – mit Hinweis auf datenschutzrechtliche Vorbehalte und den Schutz der Vertraulichkeit der Angaben von Unternehmen.—– Kommentar Seite 1