Finanzminister beflügeln globale Steuerreform
wf Berlin
Die politische Einigung auf eine globale Unternehmenssteuerreform steht im Mittelpunkt des Treffens der führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) an diesem Freitag und Samstag. Mit dem Rückenwind der Finanzminister sollen die technischen Arbeiten daran bis zum nächsten Treffen der G20 im Oktober abgeschlossen werden. Konkret geht es um die weltweite Einführung einer effektiven Mindeststeuer von 15% und einer Neuverteilung des Steuersubstrats besonders profitabler Unternehmen bezogen auf einen Teil des Gewinns. Insgesamt haben sich 131 der 139 am Steuerkonzept beteiligten Länder auf das Grundkonzept verständigt. Die Arbeit war unter dem Dach der Industrieländerorganisation OECD koordiniert worden. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) rechnet damit, dass die neuen Vorgaben in den einzelnen Staaten sehr schnell vom Gesetzgeber umgesetzt werden können. 2023 soll das neue Recht bereits gelten. Die EU steht dabei vor einer politischen Herausforderung. Drei der acht Länder, die das Konzept nicht unterstützen, kommen aus Europa: Irland, Estland und Ungarn. Bei Steuerpolitik gilt Einstimmigkeit. Alle G20-Länder sind indessen dabei.
Finanzminister und Notenbanker treffen sich nach einer langen, von der Corona-Pandemie erzwungenen Pause erstmals wieder persönlich – in Venedig unter der Präsidentschaft Italiens. Dies gibt Gelegenheit für eine Reihe von bilateralen Treffen zwischen Ministern, die in der Zeit von Videokonferenzen nicht möglich gewesen sind. Zuletzt hatten sich Minister und Notenbanker im Februar 2020 in Riad unter der Präsidentschaft Saudi-Arabiens persönlich gesehen. Die Riege bei den Notenbankern ist nach Informationen aus Berlin nicht ganz komplett. Wer in Venedig nicht vor Ort ist, ist aber per Video dabei.
Vorgeschaltet ist dem G20-Treffen ein High-Level Tax Symposium über Steuerpolitik und Klimawandel, bei dem auch Scholz sprechen wird. Koordiniertes weltweites Vorgehen in der Klimapolitik dürfte auch eines der zentralen Themen der deutschen Präsidentschaft der G7 – Gruppe der führenden Industrieländer – im nächsten Jahr sein. Als eigenen Punkt hat es Sustainable Finance auf die Tagesordnung geschafft. Das Financial Stability Board (FSB) hatte in Vorbereitung auf das G20-Treffen die Minister und Notenbanker zum abgestimmten Vorgehen gegen Finanzrisiken aufgefordert, die durch den Klimawandel bedingt sind, und einen Fahrplan vorgeschlagen. Zentrale politische Handlungsfelder sind demnach: Offenlegung, Daten, Schwachstellenanalyse sowie Regulierung und Aufsicht.
Geld für die Pandemie
Ein weiteres tragendes Thema werden die Folgen der Pandemie sein. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgiewa, hatte an die G20 appelliert, mindestens 100 Mrd. Dollar der um 650 Mrd. Dollar in Form von Sonderziehungsrechten gestärkten Reserven den ärmsten Ländern zukommen zu lassen. Das Schuldenmoratorium für die ärmsten Länder war bereits im Frühjahr bis Ende 2021 ausgeweitet worden. Eine erste Umschuldung wird derzeit für den Tschad verhandelt.