Fortschritte bei globaler Digitalsteuer
Die Gespräche über eine Anpassung der Besteuerung von Unternehmen an das Internetzeitalter im Rahmen der OECD kommen voran. Doch die Forderung der USA nach einer sogenannten “Sicherer-Hafen-Lösung” sorgt bei vielen Ländern für Beunruhigung. Noch gibt es keinen Konsens – und die Zeit drängt. wü Paris – Die Bemühungen um eine globale Lösung für die künftige Besteuerung der Digitalwirtschaft ist einen wichtigen Schritt vorangekommen – sie wird jedoch nach wie vor von der Forderung der USA nach einer sogenannten “Sicherer-Hafen-Lösung” behindert. Bei einem zweitägigen Treffen in Paris einigten sich jetzt 137 Staaten und Jurisdiktionen, ihre Verhandlungen über eine Reform der grenzüberschreitenden Besteuerung von Unternehmen fortzusetzen, um diese an das Internetzeitalter anzupassen. Ziel sei nach wie vor, bis Ende 2020 eine Einigung zu erzielen, teilte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Freitag mit. Sorge wegen US-ForderungenDer Aufstieg von Internetgiganten wie Amazon, Facebook und Google hat dazu geführt, dass die derzeit geltenden Regeln obsolet erscheinen, da viele Digitalriesen einfach in Ländern mit niedrigen Steuern ihre Gewinne deklarieren, egal wie viel Umsatz sie in anderen Ländern machen. “Es ist dringender denn je, dass die Staatengemeinschaft die steuerlichen Herausforderungen, die durch die Digitalisierung entstehen, adressieren und gemeinsam das internationale Steuersystem generalüberholen”, sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurría: “Wir sind uns aber auch bewusst, dass es sowohl technische Herausforderungen gibt, um eine praktikable Lösung zu finden, als auch wesentliche politische Unterschiede, die in den nächsten Monaten gelöst werden müssen.”Zahlreiche Länder seien beunruhigt über die US-Forderungen, gibt die OECD zu. Die USA verlangen, dass in dem Abkommen die sogenannte “Sicherer-Hafen-Lösung” enthalten ist. Dies – so die Befürchtung anderer Staaten – könnte es US-Internetriesen ermöglichen, zu entscheiden, wo sie sich der geplanten Digitalsteuer unterwerfen wollen und wo nicht. US-Finanzminister Steven Mnuchin hatte OECD-Generalsekretär Gurría im Dezember vorgeschlagen, die künftigen Regeln auf dem Prinzip einer solchen “Safe Harbour”-Basis aufzustellen. Es gäbe keinen Konsens hinsichtlich dieses Konzepts, erklärte der Leiter des OECD-Zentrums für Steuerpolitik, Pascal Saint-Amans, am Freitag. Die Forderung der USA sei zwar auf dem Tisch, doch dies bedeute nicht, dass die Verhandlungen über andere Punkte nicht vorankämen.”Das ist ein wichtiger Etappensieg für mehr Steuergerechtigkeit in der Welt”, lobte denn auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz die in Paris erzielte Einigung auf die grundlegenden Prinzipien für eine Digitalsteuer. Auch Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire begrüßte dies als wichtigen Schritt. Le Maire und er hätten Ende 2018 einen Vorschlag für eine globale Mindestbesteuerung vorgelegt, erklärte Scholz: “Dass es jetzt diese breite Unterstützung gibt, freut mich sehr.”Da es bisher keine globale Antwort auf den Aufstieg der Internetriesen und das damit verbundene Problem der Besteuerung gibt, haben rund 40 Länder wie Frankreich im Alleingang eine Digitalsteuer beschlossen oder geplant. Es gäbe dabei viel Bewegung, sagte OECD-Steuerexperte Saint-Amans – “weil ein massiver Handelskrieg auf dem Spiel steht”. Das könne man jeden Tag mit den Wortwechseln zwischen Frankreich und den USA sowie den USA und anderen Ländern feststellen, die ebenfalls eine Digitalsteuer angekündigt hätten.Das französische Parlament hatte im Juli eine Digitalsteuer von 3 % beschlossen, die auf online erwirtschaftete Gewinne aus Werbung von Unternehmen erhoben werden, die mit digitalen Aktivitäten pro Jahr weltweit einen Umsatz von mindestens 750 Mill. Euro erzielen, davon mehr als 25 Mill. Euro in Frankreich. Handelskrieg drohtDie französische Digitalsteuer betrifft vor allem US-Konzerne wie Amazon, Facebook, Google und Apple. US-Präsident Trump hat deshalb gedroht, französische Produkte wie Champagner, bestimmte Käsesorten, Milchprodukte, Kosmetik und Handtaschen im Wert von 2,4 Mrd. US-Dollar mit Strafzöllen von bis zu 100 % zu belegen. Frankreich will die Digitalsteuer wieder abschaffen, sobald es eine globale Lösung gibt. Beide Länder einigten sich auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, ihre Meinungsverschiedenheiten erst einmal ruhen zu lassen. So will Frankreich die Erhebung des ersten Abschlags der Digitalsteuer in diesem Jahr zunächst aufschieben. Dafür nehmen die USA ihre Zolldrohungen zurück.Bei dem Treffen im Rahmen der OECD-Gespräche beschlossen die 137 involvierten Staaten nun, die Verhandlungen rund um zwei verschiedene Säulen herum fortzusetzen. Dabei soll es darum gehen, wo die Unternehmen ihre Steuern zahlen und wie die Gewinne vor der Besteuerung aufgeteilt werden sollen. Dafür soll ein einheitlicher Ansatz gelten, um sicherzustellen, dass Unternehmen, die längerfristig in bestimmten Jurisdiktionen tätig sind, dort auch besteuert werden können, selbst wenn sie dort keine physische Präsenz haben.Die Billigung dieses einheitlichen, im Wesentlichen von einem entsprechenden Vorschlag der OECD inspirierten Ansatzes sei ein entscheidender Fortschritt, erklärte die internationale Organisation. Das nächste Treffen zur Vorbereitung der globalen Lösung soll im Juli in Berlin stattfinden.