KOALITIONSPOKER

Freundliche Töne nach erster Jamaika-Sondierung

FDP spricht von lösungsorientierter Atmosphäre - Einzelne Themen bereits erörtert

Freundliche Töne nach erster Jamaika-Sondierung

wf Berlin – Vertreter von CDU, CSU, FDP und Grünen haben nach der ersten Sondierung zur Bildung einer Jamaika-Koalition in Berlin Optimismus verbreitet. “Unser klares Ziel ist: Am Ende soll eine gute Regierung für unser Land stehen”, sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber nach dem rund zweistündigen Gespräch zwischen Union und FDP. Die Generalsekretärin der Liberalen, Nicola Beer, sprach von einer “sachlichen und lösungsorientierten Atmosphäre” sowie einem guten Austausch. “Nach dem ersten Gespräch haben wir ein gutes Gefühl”, sagte Beer. Für die FDP lägen gleichwohl weiterhin “alle Optionen auf dem Tisch”. Andreas Scheuer, Generalsekretär der CSU rechnet mit komplizierten Verhandlungen. Besprochen worden seien nicht nur organisatorische Fragen, sondern bereits einzelne Themen. Auch der Grünen-Geschäftsführer Michael Kellner sprach von einem “guten Gespräch”. Man habe über Themen und Lösungen geredet. Seehofers BlitzbesucheCSU-Parteichef Horst Seehofer hatte am Dienstagabend den Grünen einen Blitzbesuch abgestattet. Am Mittwoch traf er sich ebenso überraschend mit der FDP-Spitze zum Frühstück. Gestern hatten die Unionsparteien zunächst am Mittag mit der FDP sondiert, am späten Nachmittag folgte das Treffen mit der Grünen-Spitze. Am heutigen Donnerstag wollen sich FDP und Grüne austauschen. Für Freitag ist die erste große gemeinsame Runde mit mehr als 50 Unterhändlern aus allen vier Parteien geplant. Weitere Gespräche sind in der kommenden Woche vorgesehen. Die FDP hat für diesen Freitag eine Fraktionssitzung anberaumt und will sich gegen Mittag äußern. Ihren Parteivize Wolfgang Kubicki will die FDP als Bundestagsvizepräsident nominieren. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass er nach einer möglichen Regierungsbildung ein Ministeramt übernimmt. Kubicki wird als Finanzminister und als Justizminister gehandelt. Industrie baut auf PolitikDer Industrieverband BDI forderte zum Auftakt der Sondierungsgespräche politische Unterstützung für seinen Sektor und warnte vor einer schleichenden De-Industrialisierung. “Der Industriestandort Deutschland hat ein Update nötig”, betonte BDI-Präsident Dieter Kempf in Berlin. Teilhabe und Wohlstand entstünden nicht durch bloßes Verwalten und Umverteilen. Nötig seien Investitionen, Wachstum und Chancengerechtigkeit. “Sprudelnde Steuereinnahmen, Wirtschaftswachstum und niedrige Zinsen dürfen nicht zu einem Weiter-so führen”, unterstrich der Präsident. Die neue Regierung müsse Belastungen der Unternehmen – etwa durch beharrlich steigende Energiekosten, Hemmnisse in Forschung und Entwicklung oder immer neue Bürokratielasten – endlich abbauen. Auch in der Steuerpolitik hält der BDI Reformen für überfällig. Die steuerlichen Mehreinnahmen lägen in den nächsten vier Jahren bei 300 Mrd. Euro. “Diesen Spielraum muss die Bundesregierung nutzen”, sagte Kempf. Zuletzt waren die deutschen Unternehmen mit der Steuerstrukturreform 2008 entlastet worden. Der BDI erinnerte zudem daran, dass das Außensteuerrecht aus dem Jahr 1972 stammt. Seitdem habe sich die Außenhandelsquote der deutschen Wirtschaft von rund 33 % auf 84 % erhöht.