Gegenwind wird kräftiger

Konjunkturtableau errechnet deutsches Wirtschaftswachstum mit nur noch 1,3 Prozent

Gegenwind wird kräftiger

Die Wachstumsdynamik der deutschen Wirtschaft wird im gerade begonnen Jahr spürbar abnehmen. Im jüngsten Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung wird im Median nur noch mit einem Plus des deutschen Bruttoinlandsproduktes von 1,3 % gerechnet. Vor einem Monat lag die Schätzung noch bei 1,5 %. arp Frankfurt – Die deutsche Wirtschaft bekommt den konjunkturellen Gegenwind immer kräftiger zu spüren. Zum Ende des vergangenen Jahres wurden Prognosen für das Wachstum des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) wiederholt gesenkt. Dies spiegelt sich deutlich im aktuellen Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung wider: “Die Medianprognose beträgt inzwischen nur noch 1,3 %, vor einem Monat wurden noch 1,5 % als mittlere Wachstumsprognose angegeben.” Das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) sammelt für das Konjunkturtableau jeden Monat die veröffentlichten Prognosen von Banken, Institutionen sowie staatlichen Einrichtungen und bestimmt daraus den Median. Abkühlung zeichnete sich abDass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr ihr Expansionstempo nicht halten kann, hat sich spätestens seit dem vergangenen Herbst abgezeichnet. Reihenweise wurden die BIP-Prognosen für das zu Ende gegangene 2018 und das gerade begonnene 2019 zurückgenommen. So senkte die Bundesregierung im vergangenen Oktober ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr um 30 Basispunkte auf jetzt 1,8 %. Damit ist die Bundesregierung sogar noch optimistisch.Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, das seine Schätzung erst in dieser Woche vorgelegt hat, geht nur von 1,7 % aus.Die Deutsche Bank sieht derweil die Wirtschaft hierzulande im laufenden Jahr lediglich um 1,3 % wachsen. Der Chefvolkswirt von Deutschlands größtem Geldhaus, David Folkerts-Landau, hält in der Eurozone Ende kommenden Jahres sogar eine Rezession für möglich, schränkt jedoch ein, dass er Deutschland auch 2020 im positiven Bereich sieht.Laut dem Konjunkturtableau musste die deutsche Wirtschaft auch im zurückliegenden Jahr Federn lassen. Das Plus beim realen BIP hat demnach 2018 nur noch bei 1,5 % gelegen, wobei die Schätzungen zwischen 1,4 % und 1,8 % liegen. Vier Wochen zuvor lag das Prognoseband noch deutlich höher, nämlich zwischen 1,5 % und 2,2 %.”Nun ist das Jahr 2018 bekanntlich vorüber, auch wenn die Wachstumszahlen erst in einigen Wochen vorliegen werden”, so ZEW-Experte Michael Schröder. Er lenkt den Fokus auf die zunehmend pessimistische Sicht im laufenden Jahr. Als Gründe vermutet Schröder die schwächere Entwicklung der Anlageinvestitionen (+2,6 % verglichen mit vorherigem Mittelwert von +2,8 %) sowie das schwächere Wachstum im Export. Hier liegt die Wachstumserwartung jetzt bei 2,9 % nach zuvor 3,0 %. In beiden Bereichen gibt es aber eine relativ breite Schwankungsbreite. Sie liegt beim Wachstum der Anlageinvestitionen zwischen 1,8 % und 5,1 % und bei den Exporten in einer Range von 1,9 % bis 4,0 %. Eine weite Prognosebreite ergibt sich beim jüngsten Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung auch bei der Teuerung, was die Unsicherheiten bei der weiteren Preisentwicklung widerspiegelt. Hier reichen die Erwartungen von 1,4 % bis 2,2 %. Im Median ergeben sich 1,8 % (vorheriges Konjunkturtableau:1,9 %), was dem Ziel der Europäischen Zentralbank von “nahe, aber knapp unter 2 %” nahezu entspricht. Signal der Anleihenmärkte ZEW-Experte Schröder verweist auch darauf, dass die Anleihenmärkte ein immer schwächeres Wirtschaftswachstum einpreisen. So beträgt die Zinsstrukturkurve, also die Differenz zwischen den langfristigen und den kurzfristigen Zinsen, nur noch 47 Basispunkte, vor einem Monat waren es noch 57 und vor einem Jahr gar 96 Basispunkte. In den USA zeigt sich derweil schon eine leicht inverse Zinsstruktur von minus 10 Basispunkten. Schröder stimmt das mit Blick auf das weitere Wachstum wenig hoffnungsfroh: “Da die Zinsstrukturkurve einen Vorlauf von etwa 0,75 bis 1,5 Jahren vor der Konjunktur hat, verweisen die Werte für die USA und das Euro-Gebiet auf eine längere Schwächephase bei der Entwicklung des realen BIP.”Die Einschätzung teilt der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie , Dieter Kempf. “Konjunkturell sind die besten Zeiten vorbei”, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer sagte: “Wir sollten die Konjunktur nicht kaputtreden. Aber es gibt am Horizont Gewitterwolken, die relativ nah sind. Die Auslastung ist noch relativ hoch, aber die Auftragsbestände verkürzen sich.”