Gemischte Signale für den Welthandel

WTO: 109 Exportstopps in Reaktion auf Pandemie

Gemischte Signale für den Welthandel

rec Frankfurt – Die Welthandelsorganisation (WTO) zeigt sich hoffnungsvoll, dass die Corona-Pandemie nicht zu einem dauerhaften Schub für den seit Jahren um sich greifenden Protektionismus wird. Nach einer Analyse der WTO haben Regierungen in Reaktion auf die Pandemie anfänglich zwar in 109 Fällen Exportstopps für medizinische Produkte wie Masken, Handschuhe und Desinfektionsmittel verhängt. Bis Mitte Mai hätten sie 28 % davon aber bereits zurückgenommen, heißt es im halbjährlichen Bericht der WTO zum Welthandel. Alte Muster durchbrochenDamit deutet sich an, dass die Coronakrise auch in Sachen Handelspolitik gewohnte Handlungsmuster durchbrechen könnte. Denn üblicherweise tun Regierungen sich schwer damit, einmal erlassene Handelsrestriktionen alsbald zurückzunehmen. Das ist zumindest die Lehre aus der Weltfinanzkrise. So nehmen Handelshürden, die seit 2009 hochgezogen worden sind und nach wie vor in Kraft sind, auch mehr als zehn Jahre nach der Krise in Summe weiter zu. Diese neuere Generation von Handelsschranken betrifft inzwischen Importe im Wert von circa 1,7 Bill. Dollar, was 8,7 % aller über Landesgrenzen verfrachteten Waren entspricht (siehe Grafik).Der Bericht zeige, dass “ein substanzieller Anteil des Welthandels weiterhin durch zunehmende Importbeschränkungen beeinträchtigt wird”, sagte der scheidende WTO-Chef Roberto Azevedo. 56 Maßnahmen, die nicht im Zusammenhang mit Corona stehen und Güter im Wert von 423 Mrd. Dollar betreffen, sind seit Mitte Oktober hinzugekommen. Das sei “ein Grund zur Sorge zu einer Zeit, in der Volkswirtschaften den Handel brauchen werden, um sich von den Auswirkungen der Covid-19-Krise zu erholen”.Im Mai hat sich der Einbruch im weltweiten Warenverkehr noch einmal beschleunigt, wie am Freitag veröffentlichte Daten des CPB World Trade Monitors zeigen: Demnach lag das Handelsvolumen im Mai 17,7 % niedriger als vor einem Jahr. Im zweiten Quartal dieses Jahres dürfte der Welthandel nach WTO-Schätzungen um 18 % eingebrochen sein.Insgesamt sind die Signale aus der globalen Handelspolitik gemischter denn je. Denn Azevedo macht auch ermutigende Signale aus. So hätten Regierungen neben dem Festhalten an bestehenden Restriktionen und dem Aufbau neuer Handelsschranken an anderen Stellen deutliche Schritte unternommen, um den weltweiten Warenaustausch zu liberalisieren. 51 solcher Maßnahmen zählte die WTO im Zeitraum von Mitte Oktober bis Mitte Mai – vom Abbau von Importzöllen und -steuern über vereinfachte Zollverfahren bis zu niedrigeren Exportabgaben. Sie betreffen Warenströme im Wert von 739 Mrd. Dollar. Die Menge an handelsliberalisierenden Maßnahmen seit Herbst 2019 sei “beeindruckend”.Nach Jahren beständigen Wachstums im Welthandel hat bereits vor knapp zwei Jahren eine Trendwende eingesetzt. Die weltweiten Handelsströme gingen im Vorjahr gemessen am Warenwert um 3 % zurück. Die WTO rechnet mit einem zweistelligen Einbruch des Welthandels in diesem Jahr. Manche Handelsökonomen erwarten, dass der globale Warenaustausch auf Jahre hin unter dem Niveau vor der Krise bleiben wird.