DIE EZB IM KREUZVERHÖR

Gericht zettelt Debatte über EZB-Mandat an

Karlsruher Richter stellen Fragen nach weiter gehenden Auflagen - Asmussen und Weidmann unterschiedlicher Meinung

Gericht zettelt Debatte über EZB-Mandat an

Auch am zweiten Tag der Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht zur Euro-Rettungspolitik stehen die Europäische Zentralbank (EZB) und ihr OMT-Programm im Mittelpunkt. Dabei tut sich ein neuer Streitpunkt zwischen EZB und Bundesbank auf.ms Karlsruhe – EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen hat eindringlich davor gewarnt, den EU-Vertrag zu ändern, um das Verbot der monetären Staatsfinanzierung durch die EZB zu präzisieren. Es gebe in Deutschland eine “sehr hohe Wertschätzung” für dieses Prinzip, sagte Asmussen gestern in Karlsruhe zur Euro-Rettungspolitik. Sie sei aber in nur wenigen Euro-Ländern so hoch, sagte Asmussen und warnte damit de facto davor, dass das Verbot am Ende eher aufgeweicht werden könnte. Zudem sagte er, ein solcher Schritt könne zu einer “breiten Diskussion” führen, “was man nicht noch alles tun könnte, auch mit dem Mandat der Notenbank”.Mit seinen Aussagen reagierte Asmussen auf Fragen der Richter, nicht zuletzt von Präsident Andreas Voßkuhle. In der Debatte um die Abgrenzung von Geld- und Fiskalpolitik hatte Voßkuhle die Selbstbindungen der EZB beim umstrittenen OMT-Programm zum Kauf von Euro-Staatsanleihen (Outright Monetary Transactions) gelobt, die für diese Trennung sorgen sollen. Voßkuhle hatte wissen wollen, ob es die EZB zu sehr einschränken würde, wenn man diese Kriterien rechtsverbindlich machen würde oder über aktuelle Bestimmungen im EU-Vertrag hinausginge. Beobachter interpretierten das so, dass Karlsruhe zumindest auch erwägt, auf eine Änderung des Mandats zu dringen.Die EZB hat bislang noch keinen Rechtsakt für OMT vorgelegt, also die Ankündigung, im Notfall Staatsanleihen reformwilliger Euro-Staaten aufzukaufen. Sie hat unter anderem aber bereits angekündigt, dass sie sich im Notfall auf Schuldtitel mit einer Laufzeit von ein bis drei Jahren beschränken will. Zudem ist Voraussetzung, dass sich ein Land den strikten Auflagen eines ESM-Programms unterwirft. Schließlich sollen neu emittierte Schuldtitel erst nach einer “Sperrfrist” gekauft werden. De facto kann die EZB diese Spielregeln aber jederzeit anpassen.Das Bundesverfassungsgericht prüft derzeit, ob die EZB mit ihren Maßnahmen in der Krise ihr Mandat überschreitet und welche Risiken sie für den deutschen Steuerzahler bedeuten. Im Mittelpunkt steht das OMT-Programm. Die Fragen der Richter legen nahe, dass sie genau schauen, wie sie die EZB womöglich an die Leine legen können, zumal sie überzeugt sind, dass OMT in jedem Fall auch fiskalische Effekte hat.Als eine Option steht offenbar eine engere Fassung des EZB-Mandats zur Diskussion. Eine andere Option wäre, dass das Gericht Bundestag und Bundesregierung verpflichtet, einem ESM-Programm nur noch dann zuzustimmen, wenn das OMT-Programm gewissen Kriterien erfüllt. Der Berichterstatter des Parlaments, Peter Huber, fragte auch danach, ob es Sinn machen könnte, eine Höchstgrenze für OMT festzulegen. Das brächte Sicherheit über die potenziellen Risiken aus Anleihekäufen. “Spielraum einschränken”Asmussen sagte auf Fragen des Gerichts, dass Notenbanken prinzipiell große Sympathie für “regelgebundene Systeme” hätten. Mit Blick auf eine mögliche Änderung des EU-Vertrags lehnte er einen solchen Schritt aber ab – weil unklar sei, wohin das führe. Tatsächlich gibt es vor allem in den kriselnden Peripheriestaaten, aber etwa auch in Frankreich Präferenzen, die EZB im Zweifelsfall eher darauf zu verpflichten, die Wirtschaft stärker zu stimulieren und Staaten im Notfall stärker zu unterstützen – statt wie bislang primär auf stabile Preise zu zielen. Er verteidigte OMT noch einmal und machte klar, dass Staatsanleihekäufe ein “normales Instrument” der Geldpolitik seien und es auch wichtig sei, dass sie dessen nicht beraubt wird.Bundesbankchef Jens Weidmann hingegen ließ vor Gericht Sympathie dafür erkennen, den Spielraum der EZB einzuschränken. Die Bundesbank sieht dafür verschiedene Möglichkeiten, scheint aber auch offen für eine Vertragsänderung. Weidmann sieht die Gefahr, dass ein zu großer Spielraum auch Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Notenbank wecken könnte. Der Notenbanker hat offen gegen OMT gestimmt, weil er darin ein Überschreiten des EZB-Mandats sieht und erhebliche Stabilitätsrisiken fürchtet.Neben Asmussen sprach sich auch EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Coeuré dagegen aus, am Mandat der EZB zu rütteln. “Wir müssen das Mandat nicht ändern, wir müssen die Ziele nicht ändern”, sagte er laut Reuters bei einer Konferenz. Das Handeln der Notenbank orientiere sich primär am Ziel der Preisstabilität. Coeuré betonte, die EZB agiere mit ihren unkonventionellen Maßnahmen erfolgreich innerhalb ihres Mandats, und erinnerte an die Notwendigkeit, dass die Unabhängigkeit von Zentralbanken gewahrt bleiben müsse.