Gesellschaftern drohen steuerliche Nachteile

Gutachten analysiert Auswirkungen des Brexit

Gesellschaftern drohen steuerliche Nachteile

fed Frankfurt – Der geplante Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union hat nicht nur Folgen für Handel, Binnenmarkt und Freizügigkeit, sondern schlägt auch auf die Steuerpraxis in Deutschland durch. So kommt ein Rechtsgutachten im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen zu dem Schluss, dass Gesellschaftern hiesiger Unternehmen, die in Großbritannien leben, erhebliche steuerliche Nachteile drohen.Das Gutachten, das vom Steuerrechtler Stephan Kudert, Professor an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder, verfasst worden ist, konzentriert sich auf das Thema Wegzugsbesteuerung. Mit diesem Instrument versucht der deutsche Fiskus zu verhindern, dass er den Zugriff auf Veräußerungsgewinne verliert, wenn Gesellschafter heimischer Firmen ins Ausland ziehen. Denn solange sie im Bundesgebiet leben, müssen sie anfallende Veräußerungsgewinne versteuern. Sobald sie umziehen, müssen die deutschen Finanzbehörden fürchten, dass ihnen diese Einnahmen entgehen. Quasi präventiv verlangt der Fiskus daher beim Wegzug eines Eigners Steuern auf die stillen Reserven in den Anteilen an Kapitalgesellschaften – das heißt, die deutschen Behörden erheben eine Steuer auf einen fiktiven Gewinn. Das kann unter bestimmten Umständen Gesellschafter zwingen, ihre Beteiligung tatsächlich zu verkaufen, obwohl sie das Engagement eigentlich langfristig halten wollten.Zwar kommt der Gesetzgeber den Eignern insofern entgegen, als er jenen, die innerhalb der EU umziehen, die Steuer zinslos stundet. Durch den Brexit jedoch wird Großbritannien faktisch zu einem Drittland. Das, so argumentiert das Gutachten, könne zu einem Problem für nach Großbritannien umgesiedelte Gesellschafter deutscher Firmen werden. Das Problem betreffe unter anderem “bereits gewährte Stundungen (Altfälle), die im Betriebsvermögen auf Basis des §4g Einkommensteuergesetz gewährt wurden und mit dem Brexit zu widerrufen sind”.Kudert ist eher skeptisch, dass das Problem im Rahmen des Vertrags gelöst werden wird, der am Ende der Brexit-Verhandlungen stehen soll. Er plädiert deshalb für eine Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit Großbritannien – oder besser noch für eine “große Lösung”. Kudert spricht sich für eine grundlegende Reform der Wegzugsteuer aus.Dem Ruf nach Reform der Wegzugsteuer schließt sich Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen, an: “Ohne eine Lösung würden Gesellschafter deutscher Familienunternehmen, die in Großbritannien wohnen, stille Reserven in ihren Unternehmensanteilen auflösen und müssten eine hohe Steuerbelastung ohne entsprechenden Geldzufluss versteuern.”