Weltklimakonferenz

Glasgow muss ohne Klimakanzlerin gelingen

Die Klimakonferenz in Glasgow muss ohne Klimakanzlerin aus Deutschland auskommen. Die ehrgeizigen Ziele im European Green Deal sind für erfolgreiche Klimadiplomatie aber ohnehin von größerer Bedeutung.

Glasgow muss ohne Klimakanzlerin gelingen

Von Stefan Paravicini, Berlin

Vor wenigen Monaten sah es noch danach aus, als würde von der Bundestagswahl Ende September ein kräftiges Signal für die Weltklimakonferenz in Glasgow (COP26) ausgehen. Die Grünen lagen in den Umfragen vor der Union, und Anna­lena Baerbock wurden realistische Chancen eingeräumt, als erste Kanzlerkandidatin der Grünen die Nachfolge von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) anzutreten, die 2015 auf der Klimakonferenz in Paris für eine Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad Celsius als internationales Klimaziel warb und damit ihren Ruf als „Klimakanzlerin“ untermauerte.

Auf die Maßnahmen zur Umsetzung der internationalen Klimaziele und ihre Finanzierung müssen sich die Klimadiplomaten in Glasgow ohne Unterstützung einer Klimakanzlerin verständigen. Denn Angela Merkel führt das Amt nur noch kommissarisch, und ihr Ruf hat trotz Kohleausstieg und Klimapaket gelitten, weil sie sich immer wieder schützend vor die Automobilindustrie gestellt hat. Die Grünen wiederum haben bei der Bundestagswahl zwar ihr bisher bestes Ergebnis eingefahren, sind aber hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Für Baerbock wird es zumindest im ersten Anlauf wohl nicht einmal zur Klima-Vizekanzlerin reichen. Dass eine neue Bundesregierung zum Start der Klimakonferenz noch nicht handlungsfähig sein wird, fällt nach Einschätzung von Beobachtern der internationalen Klimadiplomatie nicht ins Gewicht. Sie betonen die Bedeutung des European Green Deal und der darin enthaltenen Klimaziele.

In der Vorbereitung der Klimakonferenz kommt der Delegation aus Deutschland dennoch eine wichtige Rolle zu: Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth soll gemeinsam mit dem kanadischen Umweltminister Jonathan Wilkinson und COP26-Präsident Alok Sharma klären, wie die jährlich zugesagten 100 Mrd. Dollar für die Klimafinanzierung in Entwicklungsländern doch noch mobilisiert werden können. Die Ergebnisse sollen zu Beginn der Konferenz vorliegen.