Groko nimmt Fahrt auf

Beginn der Koalitionsverhandlungen noch in dieser Woche - Wirtschaft warnt vor teuren Beschlüssen

Groko nimmt Fahrt auf

CDU, CSU und SPD planen noch diese Woche erste Verhandlungen zur Bildung einer großen Koalition. Bis Karneval soll das Ergebnis stehen.wf Berlin – Die Parteivorsitzenden von Union und SPD – Angela Merkel, Horst Seehofer und Martin Schulz – haben sich gestern Abend in Berlin getroffen, um das weitere Vorgehen zu den Koalitionsverhandlungen sowie einen Fahrplan zu beraten. Ziel Merkels ist es, bis Karneval die Verhandlungen zu einem Ergebnis zu bringen. Weiberfastnacht, der Auftakt der tollen Tage, ist am 8. Februar. In der Union wird erwartet, dass eine neue Regierung bis Anfang März gebildet werden kann. Die SPD braucht nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen ein positives Mitgliedervotum.Ein SPD-Sonderparteitag hatte am Sonntag in Bonn mit knapper Mehrheit den Weg für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen freigemacht. Nur 56,4 % der Delegierten stimmten nach heftigen Diskussionen für Verhandlungen mit der Union, für die sich die Parteiführung der Sozialdemokraten starkgemacht hatte. Der Parteitag mahnte drei Punkte an, die in den Verhandlungen nachgebessert werden sollen: die sachgrundlose Befristung von Arbeitsplätzen soll fallen. Zudem soll die Zwei-Klassen-Medizin zugunsten einer besseren Versorgung von gesetzlichen Kassenpatienten gelockert und die Härtefallregelung für den Familiennachzug von subsidiär geschützten Migranten ausgeweitet werden. Vertreter der Union stellten indessen klar, dass für sie das Ergebnis der Sondierung den Rahmen bilde, innerhalb dessen nur noch Details verhandelt werden. SPD benötigt noch ZeitDie SPD braucht nach den Worten von Schulz noch Zeit für interne Beratung. Geklärt werden müsse, auf welcher Grundlage, welcher strukturellen und personellen Zusammensetzung die SPD in die Koalitionsverhandlungen gehe, sagte er nach einer Fraktionssitzung am Montag. Die deutsche Wirtschaft mahnte mit Blick auf weitere Verhandlungen zur Regierungsbildung zum Aufbruch. “Das Ergebnis des SPD-Parteitages liefert keinen Grund aufzuatmen”, erklärte der Präsident des Industrieverbands BDI, Dieter Kempf. Das Votum stelle neue hohe Hürden für erfolgreiche Verhandlungen auf. Kempf drang auf ambitionierte Ideen, etwa Deutschland zum Spitzenreiter bei der Digitalisierung zu machen, auf eine Antwort auf den wachsenden internationalen Steuerwettbewerb sowie auf die enormen Kosten der Energiewende. “Wirtschaftspolitik muss nun ins Zentrum der Koalitionsverhandlungen rücken”, sagte er. Der Digitalverband Bitkom wertete die SPD-Entscheidung immerhin als positives Signal, baut auf eine baldige handlungsfähige, verlässliche Regierung sowie auf “digitale Akzente” in der Bildung, der “Arbeit mit Zukunft” sowie der Infrastruktur. Der Maschinenbauverband VDMA warnte vor einem “teuren Groko-Wunschkonzert”. Die sachgrundlose Befristung brauchten die Firmen als Instrument zum Ausgleich für die Flexibilität der Arbeitnehmer. Das vorgesehene Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit werde die Unternehmen vor enorme organisatorische Probleme stellen, hielt VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann fest. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer lehnte Zusatzkosten und ein Mehr an Bürokratie für die deutsche Wirtschaft ab. Mutig wäre die Einführung der Wochenhöchstarbeitszeit nach EU-Vorbild.Das Wirtschaftsforum der SPD, ein der Partei nahestehender Unternehmensverband, rief die SPD dazu auf, wirtschaftspolitische Kompetenz zu entwickeln, um die Partei zu erneuern. Koalitionsverhandlungen begrüßte das Wirtschaftsforum. Der CDU-nahe Unternehmensverband Wirtschaftsrat lehnte weitere Zugeständnisse an die SPD ab. Die Vereinbarungen aus der Sondierung zur Groko belasteten den Wirtschaftsstandort bereits enorm. Erneut sprach sich der Wirtschaftsrat für eine Minderheitsregierung aus.—– Kommentar Seite 1