Großbritannien zeigt Spuren höherer Inflation
gho London – Die Zahlen zur britischen Inflationsrate haben in dieser Woche den Reigen der ersten harten ökonomischen Daten nach der Brexit-Entscheidung Großbritanniens eröffnet. Nach der Abstimmung am 23. Juni hatte es vorläufig nur weiche Stimmungsbarometer gegeben, welche den künftigen Weg der britischen Wirtschaft andeuteten.Die Zahlen zur Jahresteuerung zeigen nun die Auswirkungen eines gesunkenen Wechselkurses des Pfunds auf die Preisentwicklung auf. Die Konsumentenpreise auf Jahresbasis sind im Juli um 0,6 % gestiegen, was die stärkste Erhöhung seit Ende 2014 bedeutet. Im Juni hatte die Jahresteuerung noch bei 0,5 % gelegen. Besonders die Preise für Treibstoffe, alkoholische Getränke und Hotelzimmer haben die Inflationsrate angeheizt, die historisch gesehen aber immer noch gering ist.Wegen der Talfahrt des Pfunds nach der Brexit-Entscheidung war eine anziehende Teuerungsrate erwartet worden, weil durch einen schwächeren Außenwert der Währung Importgüter teurer werden. Dies zeigt sich auch bei den Beschaffungskosten der Unternehmen, die stärker als die Konsumentenpreise gestiegen sind. Britische Unternehmen zahlten im Juli für Güter zur Weiterverarbeitung um 4,3 % mehr als im Vorjahr. Ein Teil des Anstiegs geht aber auch auf die Kappe gestiegener Erdölpreise. Das Statistikamt sieht aus langfristiger Warte einen Zusammenhang zwischen Inflation und Wechselkurs (vgl. Grafik), wobei in den vergangenen zwei Jahren auch der Fall des Erdölpreises den Preisauftrieb in Schach gehalten hat. Die höheren Beschaffungskosten schlagen sich in steigenden Erzeugerpreisen nieder: Diese legten im Juli um 0,3 % gegenüber dem Vormonat zu.Auch wenn sich in den Juli-Zahlen bei den Konsumentenpreisen noch kein starker Teuerungsanstieg enthüllt hat, gehen die Erwartungen in Richtung mehr Inflation. Die britische Zentralbank geht in ihrer jüngsten Einschätzung davon aus, dass Ende nächsten Jahres die Teuerungsrate den von ihr angestrebten Zielwert von 2 % überschreiten wird. Manche Marktbeobachter sehen einen steileren Anstieg der Inflation voraus. Die britische Zentralbank hat jedoch bereits zu Anfang des Monats mit einem umfassenden Stimulierungspaket klargestellt, dass sie das Inflationsrisiko als geringer erachtet als die Gefahr einer abkühlenden Konjunktur. Vor zwei Wochen senkten die Währungshüter den Leitzins von 0,5 % auf 0,25 %, weiteten das Programm zum Aufkauf von Anleihen aus und wollen den Banken weitere Mittel zur Kreditvergabe zur Verfügung stellen. Eine weitere Zinssenkung in diesem Jahr wird nicht ausgeschlossen.Die Zentralbank schießt bereits aus allen Rohren, um das Abgleiten der britischen Wirtschaft in eine Rezession zu verhindern. Zahlen zum Arbeitsmarkt, die heute veröffentlicht werden, sowie die Statistik zum Einzelhandel, die morgen dran ist, könnten weiteren Aufschluss darüber geben, wie sich das Verhalten der Konsumenten und Unternehmen nach der Brexit-Entscheidung verändert hat. Dabei ist es höchst umstritten, ob die Politik der Notenbank in einem Umfeld der ohnehin niedrigen Zinsen noch wirksam ist. Die Bank of England hatte zudem in der vergangenen Woche Probleme bekundet, im Rahmen ihres Kaufprogramms Verkäufer von langfristigen Staatsanleihen zu finden. Gestern hingegen wurden der Zentralbank mehr Papiere angedient, als sie beabsichtigte zu kaufen.