Große Ungleichheit bei den Vermögen
Große Ungleichheit bei den Vermögen
Deutlicher Anstieg wegen der Immobilienpreise − Sozialbericht 2024 veröffentlicht
ba Frankfurt
Die Einwohner Deutschlands sind in den vergangenen Jahren wohlhabender geworden − allerdings ist das Vermögen dem Sozialbericht 2024 zufolge weiter sehr ungleich verteilt, vor allem zwischen Ost- und Westdeutschland. Zudem zeigt der vom Statistischen Bundesamt (Destatis) mit dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) herausgegebene Bericht, dass im Kampf gegen den Fachkräftemangel noch viel ungehobenes Potenzial besteht: Bei Menschen mit Einwanderungsgeschichte, den in Deutschland Schutzsuchenden sowie bei Müttern, die weniger arbeiten als sie gerne würden.
10% besitzen mehr als die Hälfte des Gesamtvermögens
2021 verfügten die obersten 10% der Haushalte über 56% des Gesamtvermögens. Deutschland zählt damit im europäischen Vergleich zu den Spitzenreitern in Sachen Ungleichheit. Als wichtige Ursache dafür, dass Vermögensunterschiede über Generationen hinweg bestehen bleiben, benennen die Forscher Schenkungen und Erbschaften. Besonders Personen im mittleren Erwachsenenalter, also zwischen 25 und 54 Jahren, sowie vermögendere Bevölkerungsgruppen profitieren von solchen intergenerationalen Transfers. Dabei hinke Ostdeutschland immer noch deutlich hinterher. „In den letzten zehn Jahren gab es hier kaum Angleichungen“, sagte WZB-Experte Philip Wotschack.
Immobilienpreisanstieg beflügelt
Zwischen 2011 und 2021 sind die durchschnittlichen Haushaltsnettovermögen um 62% bzw. inflationsbereinigt um 39% auf gut 316.500 Euro gestiegen. Primär führen die Wiesbadener Statistiker das auf die stark gestiegenen Immobilienpreise zurück. Selbst genutztes Wohneigentum bzw. sonstige Immobilien wie Ferienwohnungen, vermietete Immobilien oder unbebaute Grundstücke besaßen dabei allerdings nur 45% bzw. 17% der Haushalte. Den größten Anteil an den Sachvermögen hatten mit 78% Fahrzeuge, Betriebsvermögen spielten mit 8% nur eine geringe Rolle.
Während nur 83% der privaten Haushalte im Jahr 2021 über Sachvermögen verfügten, waren es bei Finanzvermögen 100%. Die größte Verbreitung hatten dabei Girokonten mit 99%, gefolgt von Sparkonten (71%). In eine private Altersvorsorge, etwa eine Lebensversicherung oder Riesterverträge, hatten 42% investiert. Etwa ein Fünftel aller Haushalte besaß Fondsanteile, bei Aktien sind es 15%. Unter den Schulden, die 41% der Privathaushalte hatten, machen unbesicherte Kredite den größten Teil aus (29%). Für eine selbst genutzte Immobilien verschuldeten sich 16% der Privathaushalte.
Ostdeutsche haben es schon historisch bedingt schwerer
Dass ostdeutsche Haushalte mit durchschnittlich 150.900 Euro über ein deutlich geringeres Vermögen als westdeutsche Haushalte mit 359.800 Euro verfügen, führt WZB-Experte Wotschack auf mehrere Ursachen zurück: So erschwert das weiter geringere Lohnniveau in Ostdeutschland den Vermögensaufbau. Zudem wies der Immobilienmarkt im Osten wegen des Bevölkerungsrückgangs nur geringere Wertsteigerungen auf und schon historisch gab es nur beschränkte Möglichkeiten zum privaten Vermögensaufbau in der DDR.
Ein Viertel hat Migrationshintergrund
Auch dem Arbeitsmarkt als weiteren wichtigen Lebensbereich ist ein Kapitel des Sozialberichts gewidmet. Dieser ist zunehmend vom Arbeitskräftemangel gezeichnet, als dessen Lösung unter anderem verstärkte Migration gilt. Menschen mit Einwanderungsgeschichte machen laut Destatis 25% der hiesigen Bevölkerung aus. Unter den am Arbeitsmarkt aktiven Personen im Alter zwischen 15 und 74 Jahren haben 26% eine Einwanderungsgeschichte.
Kaum Unterschiede bei der Erwerbsquote
Bei der Erwerbsquote macht die Einwanderungsgeschichte aber kaum Unterschiede: Sie liegt laut Destatis bei 70,7% für Menschen ohne Einwanderungsgeschichte und bei 68,0% für Eingewanderte und deren Nachkommen. Bei Menschen mit einem zugewanderten Elternteil sind es 73,1%. Unterschiede zeigen sich allerdings zwischen den Geschlechtern: Bei Frauen mit Einwanderungsgeschichte ist die Erwerbsquote insgesamt niedriger, vor allem bei jenen, die nicht aus Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums, der Schweiz oder aus angelsächsischen Ländern kommen. Insgesamt sind Menschen mit Einwanderungsgeschichte mit durchschnittlich 37,7 Jahren wesentlich jünger als Menschen ohne Einwanderungsgeschichte (47,2 Jahre).
Wunsch und Wirklichkeit fallen auseinander
Würden Mütter in dem Umfang arbeiten, den sie sich wünschen, stünden dem Arbeitsmarkt zusätzlich 645.000 Vollzeitäquivalente zur Verfügung. Destatis zufolge wäre dabei eine stärkere Beteiligung der Väter bei der Familienarbeit und ganztägige Kita- und Schulbetreuung hilfreich.
Während Frauen lieber mehr und Männer weniger arbeiten wollen, sieht die Wirklichkeit anders aus: So arbeiten Mütter von 8-jährigen Kindern im Schnitt 24,6 Stunden statt der gewünschten 30,2 Wochenstunden. Väter mit einem zweijährigen Kind sehen durchschnittlich 34 Stunden als ideal, arbeiten aber tatsächlich 39,3 Stunden.