WIRTSCHAFT IM BANN DES CORONAVIRUS

Gruselige Wachstumsprognosen für China

Goldman Sachs rechnet mit BIP-Absturz im ersten Quartal - Hoffen auf Trendwende im Jahresverlauf

Gruselige Wachstumsprognosen für China

nh Schanghai – Chinas aufwendige Bemühungen, die Ausbreitung des Coronavirus mit Quarantänemaßnahmen einzudämmen, dürfte einen massiven Wirtschaftseinbruch im ersten Quartal nach sich ziehen. Nach Ansicht von China-Ökonomen der US-Investmentbank Goldman Sachs wird die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft in den ersten drei Monaten des Jahres einen noch nie dagewesenen Einbruch erleben und um etwa 9 % gegenüber Vorjahresquartal schrumpfen. Bislang waren die Experten noch von einer Expansion des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um etwa 2,5 % ausgegangen. Dies hätte aber bereits das schwächste Wachstum seit 1990 bedeutet.In einer Researchnotiz vom Dienstag heißt es, dass die “erstaunlich schwachen” chinesischen Wirtschaftsleistungsdaten vom Wochenbeginn wesentlich stärkere Disruptionen durch das Coronavirus aufzeigen würden, als bislang gedacht worden war. Tatsächlich hatte das Pekinger Statistikbüro am Montag geradezu verheerende Daten für Industrieproduktion, Anlageinvestitionen und Einzelhandelsentwicklung in den ersten zwei Monaten des Jahres bekannt gegeben. So ist der industrielle Output im Zuge länglicher Produktionsunterbrechungen im Januar und Februar gegenüber der Vorjahresperiode um 13,5 % abgestürzt.Auch an der Konsumfront zeichnen sich massive Auswirkungen der Virus-Pandemie ab. Die Einzelhandelsumsätze brachen um 20,5 % gegenüber Vorjahr ein. Bei den Anlageinvestitionen im privaten und öffentlichen Sektor, die in China ein besonders starker Wachstumstreiber sind, gab es einen Rückschlag um 24,5 %. Weniger überraschend ist die zeitweilige Lähmung am Wohnimmobilienmarkt. So sind die Objektverkäufe in den ersten zwei Monaten um 35 % zum Vorjahr geschrumpft, während die Durchschnittspreise für neue Wohnflächen in den wichtigsten Ballungsgebieten erstmals seit April 2015 wieder stagnierten. Stimulus im FokusWährend man für den europäischen Wirtschaftsraum erwarten darf, dass die Beeinträchtigungen durch das Coronavirus erst im zweiten Quartal ihren Höhepunkt erreichen werden, gehen China-Ökonomen davon aus, dass man im Reich der Mitte bereits nach dem ersten Quartal das Gröbste überstanden haben wird. Goldman Sachs rechnet damit, dass die Wirtschaft ab dem dritten Quartal wieder auf einen normalen Wachstumspfad in einer Größenordnung von etwa 6 % zurückzukehren vermag. Für das Gesamtjahr 2020 erwarten die Ökonomen 3 %.Vieles wird davon abhängen, inwiefern die stark staatsgelenkte Wirtschaft neue fiskalische und monetäre Impulse und eine Ankurbelung der öffentlichen Investitionen erfährt. Bei Morgan Stanley ist man denn auch etwas optimistischer und verortet den BIP-Einbruch im ersten Quartal bei 5 %. Das Jahreswachstum 2020 wird bei 4 % gesehen. Bei der stark in Asien verankerten britischen Großbank Standard Chartered rechnet man ebenfalls mit 4 % BIP-Wachstum im Jahr 2020, aber einem etwas glimpflicheren Abstieg im ersten Quartal von 4,2 %.Derweil beschloss die chinesische Regierung einen Nachlass auf die Exportsteuer für knapp 1 500 Produkte, um den durch die Coronakrise erlahmten Handel zu befeuern. Das Finanzministerium in Peking teilte gestern mit, auf 1084 Produkte werde der Nachlass auf 13 %, für weitere 380 Produkte auf 9 % erhöht.