US-ARBEITSMARKT

Halb leer

Ist das Glas nun halb voll oder halb leer? Natürlich versuchen US-Regierungsökonomen, dem jüngsten Arbeitsmarktbericht nur Positives abzugewinnen. So ist es richtig, dass die Arbeitslosenquote seit Jahresbeginn von knapp 8 % auf 7,2 % deutlich...

Halb leer

Ist das Glas nun halb voll oder halb leer? Natürlich versuchen US-Regierungsökonomen, dem jüngsten Arbeitsmarktbericht nur Positives abzugewinnen. So ist es richtig, dass die Arbeitslosenquote seit Jahresbeginn von knapp 8 % auf 7,2 % deutlich zurückgegangen ist. Auch trifft es zu, dass jeden Monat mehr neue Stellen geschaffen, als Mitarbeiter entlassen werden. Doch der Schein trügt. Wie die jüngste Statistik erneut bestätigt, sind die Probleme am US-Arbeitsmarkt nur teilweise zyklisch. Eine zentrale Rolle spielen strukturelle Schwächen, und diese lassen kaum Hoffnung aufkommen, dass das Tempo der Erholung die Notenbank dazu ermuntern könnte, demnächst ihre Anleihenkäufe zurückzufahren.Als Zielgröße betrachtet die Fed nämlich einen Monatsschnitt von 200 000 neuen Arbeitsplätzen, der sich über einen längeren Zeitraum halten sollte. Von dieser Schwelle aber war die US-Wirtschaft sowohl im August als auch im vergangenen Monat weit entfernt. Unternehmen zögern mit Neueinstellungen, weil sie kein echtes Vertrauen in die konjunkturelle Erholung haben. Der Staat kann als Folge der Zwangseinsparungen und der weiterhin ungelösten Haushaltsdebatte ohnehin keine neuen Mitarbeiter beschäftigen, und im September schlüpften ausgerechnet die ebenfalls überschuldeten Bundesstaaten in die ungewöhnliche Rolle, ein Katalysator des Arbeitsmarkts zu sein.Entscheidend sind aber strukturelle Schwächen. Heute bemühen sich so wenige Personen im erwerbsfähigen Alter um einen Job wie zuletzt in den 1970er Jahren. Das dokumentiert nicht nur das geringe Vertrauen in den Arbeitsmarkt und die Wirtschaft, sondern zugleich die dadurch relativierte Bedeutung der Arbeitslosenquote, die ansonsten deutlich höher wäre. Auch ist der außerordentlich hohe Anteil der Langzeitarbeitslosen ein Problem, dem die zahlreichen von der Regierung aufgelegten Beschäftigungsprogramme keine Abhilfe schaffen konnten.Die Implikationen für die Fed sind jedenfalls klar. Die Währungshüter wollen mit dem Ausstieg aus der außerordentlich akkommodierenden Geldpolitik erst dann beginnen, wenn deutlich mehr Stellen geschaffen werden. Inflationsrisiken sind keine in Sicht. Somit bleibt die Entwicklung am Arbeitsmarkt der Dreh- und Angelpunkt, an dem die Notenbank ihren künftigen Kurs ausrichtet. Am jüngsten Arbeitsmarktbericht gemessen deutet das auf Kontinuität hin, dabei dürfte die Oktober Statistik noch schwächer ausfallen und die Wertpapieraufkäufe im jetzigen Umfang spielend bis ins nächste Jahr fortgesetzt werden.