Handelskonflikt drückt Prognosen

Voraussagen für deutsches Wirtschaftswachstum deutlich gesenkt - Dienstleister sorgen für Schwung

Handelskonflikt drückt Prognosen

Der globale Handelskonflikt sorgt zunehmend für Unsicherheit – dies zeigt sich mittlerweile nicht nur in Stimmungsindikatoren, sondern auch in den Wachstumsprognosen der Ökonomen.ba Frankfurt – Der von US-Präsident Donald Trump angezettelte Handelskonflikt mit der EU, China, Mexiko und Kanada sorgt zunehmend für Nervosität. Ökonomen erwarten, dass gerade die Wirtschaft der Exportnation Deutschland die Folgen einer sich abzeichnenden Vergeltungsspirale zu spüren bekommen würde. Nun beginnen sich die politischen Spannungen auf internationaler Ebene mit den USA auf die Prognosen für die Eurozone und deren größte Volkswirtschaft auszuwirken, wie das aktuelle Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung zeigt. Im Vergleich zur vorherigen Veröffentlichung (vgl. BZ vom 4. Mai) wurden die Voraussagen für 2018 und 2019 deutlich nach unten revidiert. Das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) sammelt für das Konjunkturtableau jeden Monat die veröffentlichten Prognosen von Banken, Institutionen sowie staatlichen Einrichtungen und bestimmt daraus den Medianwert. Außenhandel schwächeltFür 2018 erwarten die Auguren einen Zuwachs des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Deutschland von 2,0 % – im Mai waren es noch 2,4 % (siehe Tabelle). “Dies liegt vor allem an einer sehr starken Reduktion der Einschätzungen zu Exporten und Importen”, erklärte ZEW-Experte Michael Schröder. Das Exportwachstum in diesem Jahr wird auf nur noch 3,6 % geschätzt, im Mai waren es noch 5,7 %. Bei den Importen ist die Voraussage auf +3,6 % zurückgegangen von +5,8 % im Mai. Mit Blick auf 2019 haben die Prognostiker ihre Vorhersage für das reale BIP um 0,2 Punkte auf +1,8 % nach unten revidiert. Auch hierfür ist vor allem eine Reduktion der Exporterwartungen verantwortlich (4,1 % statt 4,5 %). Ebenfalls zurückgenommen wurde die Prognose der Wachstumsrate für die Anlageinvestitionen: Statt 3,5 % sind es 3,2 %.Ganz ähnlich fallen auch die Wachstumsprognosen für das Eurogebiet aus. Sowohl für 2018 als auch für 2019 wurden die Erwartungen für das reale Wirtschaftswachstum um 0,2 Punkte im Vergleich zur Juni-Prognose heruntergefahren (vgl. BZ vom 7. Juni). Für 2018 wird nun ein Anstieg 2,1 % erwartet, für 2019 sind es 1,8 %.”Besonders dramatisch sind diese Veränderungen der BIP-Prognosen jedoch weder für Deutschland noch für das Eurogebiet”, urteilt Schröder. Denn vor genau einem Jahr, als sich schon eine gute Konjunkturlage für 2017 im gesamten Eurogebiet abzeichnete, wurden für 2018 lediglich 1,7 % Wachstum für Deutschland und das Eurogebiet vorhergesagt. Die derzeitigen Prognosen liegen also immer noch über den damaligen Erwartungen. Allerdings werden Prognosen “in der Regel nur allmählich an neue Daten und Entwicklungen angepasst, so dass eine weitere Verringerung der Prognosewerte im nächsten Monat anstehen könnte”, mahnt Schröder.Der starke Anstieg der Verbraucherpreise im Juni hat laut Schröder dazu geführt, dass die Inflationsprognosen für 2018 sowohl für das Eurogebiet als auch für Deutschland um 0,1 Punkte auf 1,6 % bzw. 1,8 % angehoben wurden. “Mit der Annäherung der aktuellen Inflationsraten und der Inflationsprognosen an das 2-Prozent-Ziel der EZB dürfte die extrem lockere Geldpolitik allerdings zunehmend in Erklärungsnot geraten”, sagte Schröder.Der zunehmende Inflationsdruck hat bei den deutschen Dienstleistern im Juni für einen der stärksten Anstiege bei den Gebühren in der 21-jährigen Geschichte der Einkaufsmanagerumfrage von IHS Markit gesorgt. Infolge des Zuwachses bei den Neuaufträgen und der Beschäftigung haben sich die Geschäftsaussichten weiter aufgehellt. Ende des zweiten Quartals “zeigte sich der deutsche Servicesektor mit frischem Elan, nachdem die finalen PMI-Daten stärkere Zuwächse signalisierten als die Vorabschätzung”, erklärte der zuständige Markit-Ökonom Phil Smith. Der entsprechende Einkaufsmanagerindex (PMI) kletterte im Juni um 2,4 auf 54,5 Punkte. Die Erstschätzung lag bei 53,9 Zählern. Das Plus war laut Smith stark genug, die erneute Abkühlung in der Industrie auszugleichen, so dass der PMI Composite, der Dienstleister und Industrie zusammenfasst, um 1,4 auf 54,8 Punkte kletterte. Für die Eurozone zeigt sich ein ähnliches Bild. Auch hier erwiesen sich die Dienstleister (+1,4 auf 55,2 Punkte) als Zugpferd, so dass der PMI Composite nach vier Rückgängen in Folge um 0,8 auf 54,9 Zähler zulegte. Unter den betrachteten Länder ist einzig in Spanien das Wirtschaftswachstum zurückgegangen – dort sackte der PMI Composite auf ein 17-Monats-Tief ab. Für Italien meldet IHS Markit ein 4-Monats-Hoch (siehe Grafik).Das endgültige Ergebnis der monatlichen Umfrage unter 5 000 Unternehmen zeige, dass das Wachstum der Eurozone im Juni wieder an Dynamik gewonnen habe und damit ein respektables zweites Quartal abrunde, sagte Markit-Chefökonom Chris Williamson. Er warnt aber auch vor gestiegenen Risiken: Während die sich zuspitzenden Äußerungen über einen Handelskrieg die Nervosität in der Industrie verstärke, sorgten sich die Dienstleister vor allem wegen innenpolitischer Gründe.