SPANIEN

Hängepartie

Schon lange vor der Parlamentswahl in Spanien am Sonntag war klar, dass durch den Aufstieg zweier neuer Parteien wie Podemos und Ciudadanos eine neue Ära beginnen würde. Nun steht das Land erstmals seit der Wiederkehr der Demokratie vor 40 Jahren...

Hängepartie

Schon lange vor der Parlamentswahl in Spanien am Sonntag war klar, dass durch den Aufstieg zweier neuer Parteien wie Podemos und Ciudadanos eine neue Ära beginnen würde. Nun steht das Land erstmals seit der Wiederkehr der Demokratie vor 40 Jahren vor einer Hängepartie, die sich hinziehen wird. Bislang hatten die konservative Volkspartei (PP) oder die Sozialisten (PSOE) jeweils immer ausreichende Mehrheiten erzielt, die manchmal dank der Unterstützung kleinerer Parteien für stabile Regierungen sorgten.Nun müssen Spaniens Politiker die hohe Kunst der politischen Kompromisse verbessern. Koalitionen hat es bislang nur in wenigen Fällen auf regionaler Ebene gegeben. Nach den Regionalwahlen im Mai haben Podemos und Ciudadanos Minderheitsregierungen ermöglicht.Es wird nicht leicht. Im Wahlkampf haben die vier großen Parteien so viele rote Linien gezeichnet, dass es nun ein Höchstmaß an Überwindung, bis hin zur Selbstverleugnung, erfordert, um einen Pakt zu ermöglichen. Auch am Tag nach der Wahl rückten die Parteibosse kaum von ihren festgefahrenen Positionen ab. Das spanische Temperament ist für eine Kultur der politischen Kompromisse auch nicht besonders förderlich.Am einfachsten wäre die Verständigung zwischen den Konservativen von Ministerpräsident Mariano Rajoy und der liberalen Ciudadanos, da sich beide in wirtschaftspolitischen Dingen und der radikalen Ablehnung jeglicher Zugeständnisse an die Nationalisten in Katalonien und dem Baskenland nahestehen. Doch ihnen fehlen 13 Sitze zur absoluten Mehrheit, und von den übrigen Parteien dürfte im Grunde keine bereit sein, eine Mitte-rechts-Regierung zu stützen.Eine Alternative um die Sozialisten, die trotz heftiger Verluste mit 90 Sitzen zweitstärkste Kraft blieben, ist ziemlich kompliziert. Nur die 69 Abgeordneten von Podemos sind nicht genug zur Mehrheit, und Ciudadanos hat ein Bündnis jeglicher Art mit der Antiausteritätspartei kategorisch ausgeschlossen.Bleibt noch die Möglichkeit einer großen Koalition zwischen PP und PSOE, über die bereits im Vorfeld der Wahl spekuliert wurde. Die Sozialisten müssten dafür über ihren Schatten springen und ein gewaltiges Risiko akzeptieren. Denn ein Pakt zwischen den beiden Etablierten würde den Unmut über das verkrustete bisherige Zweiparteiensystem noch mehr verstärken und Podemos und Ciudadanos weitere Stimmen einbringen. Die Quoten für eine Wette auf Neuwahl im Frühjahr dürften in den kommenden Tagen und Wochen wohl eher sinken.