VOR DER IWF-TAGUNG UND DEM G 20-TREFFEN

Harsche Kritik an ausbleibenden Konsolidierungsplänen in den USA und Japan

IWF warnt vor einer Erosion der bisherigen Sonderstellung der beiden Länder an den Finanzmärkten durch aufkommendes Misstrauen

Harsche Kritik an ausbleibenden Konsolidierungsplänen in den USA und Japan

lz Frankfurt – Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat Japan und die USA eindringlich aufgefordert, endlich einen Konsolidierungsplan vorzulegen und zu implementieren, um wenigstens eine Perspektive für den Schuldenabbau zu eröffnen. Im “Fiscal Monitor” kritisiert er, dass im Falle der USA das Risiko “selbstzerstörerischer Untätigkeit” im Kampf gegen einen Staatsbankrott zuletzt zwar etwas gesunken sei, doch müssten die Amerikaner nun damit beginnen, die Staatsverschuldung mit langfristigen Maßnahmen in den Griff zu bekommen. Die japanischen Schuldenprobleme werden als “gewaltig” bezeichnet.Für “besorgniserregend” hält der IWF insbesondere den Umstand, dass die US-Politik auch nach drei Jahren Debatte keinen glaubwürdigen Plan für Sozial- und Steuerreformen aufgestellt habe. Derzeit würden Japan und die USA bei Investoren noch eine gewisse Sonderstellung genießen, doch könne diese erodieren, wenn die Perspektive für einen Schuldenabbau fehle, warnen die Ökonomen. Steigende Zinsen könnten den Vertrauensverlust noch verstärken und die Länder in große Schwierigkeiten bringen.Umgekehrt sieht er für Länder, die bereits große Fortschritte auf dem Konsolidierungspfad gemacht hätten, größeren Handlungsspielraum, um etwa durch Mehrausgaben das Wachstum anzuregen. Das gilt nach Meinung der IWF-Ökonomen vor allem für Länder, in denen die Entwicklung des Privatkonsums bisher regelmäßig enttäuscht habe. Gemeint ist damit offenbar die deutsche Volkswirtschaft, weil auf sie die Beschreibung zutrifft. Bislang, kritisiert der IWF, würden die Konsolidierungsspielräume in jenen Ländern eher halbherzig ausgenutzt.Insgesamt hat sich die Lage in den Industrieländern, was die Staatsfinanzen angeht, dem Bericht zufolge aber leicht gebessert. Die strukturellen Haushaltsdefizite sind danach im vergangenen Jahr um einen Dreiviertelprozentpunkt gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) zurückgegangen. Das dürfte sich den IWF-Ökonomen zufolge 2013 sogar noch etwas zügiger fortsetzen. Eine ganze Reihe von Staaten sei inzwischen nahe daran, schon bald Primärüberschüsse (Haushaltssaldo vor Zinsausgaben) zu erzielen. Das stabilisiere zumindest die Schuldenquote.Allerdings ist es nach Ansicht des IWF notwendig, über viele Jahre hinweg Primärüberschüsse einzufahren, um die Schuldenquoten nicht nur zu halten, sondern auch zu senken. Denn solange die Schulden auf dem aktuellen Niveau verharrten, würden sie das Wirtschaftswachstum weiter dämpfen; die Länder seien zudem nach wie vor sehr stark gegenüber den Finanzmärkten exponiert und von ihnen abhängig. Zuletzt hätten die Marktteilnehmer die aktuell hohen Schuldenquoten etwa Japans und der USA noch hingenommen, das könne sich aber ändern, wenn die Zinsen wieder steigen. Angesichts der Tatsache, dass die Reformen des Bankensektors eher schleppend vorangehen, warnt der IWF, sei das Risiko einer abermals eintretenden Finanzmarktstörung nach wie vor “ansehnlich groß”.Skeptisch äußert sich der IWF über das Durchhaltevermögen der Industrieländer, über viele Jahre einen Primärüberschuss vorweisen zu können. Würde die entsprechende Ländergruppe einen solchen Überschuss von 1 % des BIP halten können, würden die Schuldenquoten bis 2030 immerhin auf rund 60 % des BIP sinken, rechnet der IWF vor. Allerdings zeige die Geschichte, dass dies einer ganzen Reihe von Staaten bislang noch nie gelungen sei.Eine Alternative gibt es nach Meinung des IWF indes nicht. Würde man hohe Inflationsraten zur Entschuldung in Kauf nehmen oder einen Schuldenschnitt anpeilen, zöge das hohe wirtschaftliche und soziale Kosten nach sich, warnen die Ökonomen. Würden die Folgewirkungen eines Teuerungsschubs von zusätzlich etwa 4 % außer Acht gelassen, könnten Länder wie Deutschland und die USA in den nächsten fünf Jahren die Schuldenquote allenfalls um 10 Prozentpunkte senken. Danach würde der Abbau aber geringer ausfallen, weil sich auch die Refinanzierungskonditionen der höheren Inflation anpassen würden. Auch die forcierte Privatisierung von Staatseigentum scheidet nach Meinung des IWF als Alternative zur Konsolidierungsstrategeie mangels entsprechender Substanz aus. Wachstum entscheidendDamit die Wirtschaft nicht unter der Konsolidierungspolitik leidet, schlägt der IWF Strukturreformen für ein höheres Potenzialwachstum vor. Das würde die Schuldenquote schon rein rechnerisch sinken lassen und erleichtere den Staaten obendrein über höhere Steuereinnahmen die Entschuldung. Dies würde auch die sozialen Kosten der Konsolidierungspolitik senken und die Finanzmärkte zuversichtlicher stimmen, was den Zinserhöhungsdruck mindere.